Schuppenflechte - 4. Teil - Beziehungen (213)
Die Klientin kommt die Treppe runter und findet keine Türen mehr.
Kl: Da ist nichts außer Gras, Blumen, bunte Sommerwiese. Das Gras ist
ziemlich hochgewachsen.
Th: Wie fühlt sich das an, dort zu sein, statt in diesem Kellerraum.
Kl: Schöne frische Luft. - Wiese, auf dir fühle ich mich wohl. So
durch dein Gras zu streifen, sich hinzulegen, es ist ein tolles Gefühl.
Zwischen den Grashalmen laufen die Ameisen und Käfer.
Th: Spür mal, wie es sich in deinem Körper anfühlt.
Kl: Es ist ganz still. Da wachsen die Gänseblümchen. Ich hab welche
gepflückt und flechte einen Kranz davon.
Th: Wie alt bist du? Schau mal hin, wie siehst du aus?
Kl: Ich muß wohl noch ganz jung sein. Meine Haare sind noch ganz weiß
und total lockig. Ja also vielleicht so 5 oder 6 Jahre alt. Jetzt kommt meine
Oma und hilft mir. Ich krieg den Kranz nicht zu. Sie setzt ihn mir auf den Kopf
und sagt mir, ich soll Kleeblätter suchen. Ich finde keine. ... jetzt bin
ich 8 Jahre alt, ich sitze auf der Treppe und hab eine leere Milchkanne in der
Hand, zwischen den Füßen stehen. Wir wollten Heidelbeeren pflücken
gehen und Pilze suchen. Und dann sind sie ohne mich gefahren.
Th: Spür mal, wo du das spürst.
Kl: In der Brust, aber ich beherrsche mich. Ich darf nicht weinen. (Die Klientin
fängt leise zu weinen an)
Th: Laß sie mal auftauchen und sag es ihr.
Kl: Oma, du hast mir versprochen, daß ich mit darf. Und jetzt sagen Tante
Agnes und Onkel Willi, ich darf nicht mit! Warum nicht? (tiefes Atmen, mit einer
Erkennt-nis) Sie wissen, daß du mich liebst und sind neidisch! Aber es
tut trotzdem weh. Wolfgang darf auch mit. ... Ich bin 17. Seit 2 Jahren schaut
Wolfgang mich ganz anders an. Seit ich schwanger war. - Sie soll ihn fragen,
was passiert war, was er denkt, wenn er sie so anschaut. - Wolfgang, was denkst
du, wenn du mich so anschaust, seit ich 15 bin. Du siehst mich als Frau und
nicht mehr als Kusine. Aber, so wie du mich ansiehst weckst du Gefühle
in mir, die nicht sein dürfen.
Th: Wie reagiert er darauf? Schau mal.
Kl: Traurig, voller Sehnsucht. So schaut mein Mann mich nie an.
Th: Trau dich mal, hol ihn herbei und sag es ihm mal.
Kl: Joachim, du hast mich noch nie so angeschaut. Bei dir hab ich noch nie so
ein Ziehen gespürt. Bei dir hab ich immer das Gefühl, du willst mich
gar nicht. Du hast mich nur wegen dem Kind genommen.
Th: Na, wie reagiert er auf diese Anschuldigung? Wie reagiert er im Gesicht,
schau mal, welche Gemütsregung er hat.
Kl: Keine, total ausdruckslos. Wir wußten das beide. Du hast mich schon
verlassen, als ich noch schwanger war. Gut, du wußtest es nicht, aber
du bist nur zurückgekommen, weil meine Mutter dich getrietzt hat.
Th: ... daß er als Vater dazu stehen sollte? Hol deine Mutter herbei,
sag es ihr, klär das jetzt mal.
Kl: Mutti, wenn du Joachim nicht gesagt hättest, weißt du überhaupt,
was du mit dem Mädchen gemacht hast, er wäre nie zurückgekommen.
Wir hätten diese Qual der Ehe überhaupt nicht aufnehmen brauchen.
- Sie soll mal schauen, wie die Mutter reagiert, im Gesicht. - Sie ist be-troffen!
Und sie weiß es auch, aber sie war zu jung, um noch ein Kind groß
zu ziehen. Sie hatte schon 5 großgezogen. Sie hatte Angst, daß sie
meines auch groß ziehen muß. Du warst erst 36 Jahre und du warst
froh, daß es endlich diese Pille gab. Warum hast du mich nicht aufgeklärt?
Dann wäre das gar nicht erst passiert. Du dachtest, ich wüßte
alles schon! Woher? (schluckt) ... Ich bin älter. ... Du weist mich ab.
- Der Therapeut fragt, wer weist dich ab, und was passiert ist. - Mutti. Ich
bin aus dieser Ehe ausgebrochen, nach dem 3., 4. Versuch und ich hab nichts
gesagt zu Hause. Jedesmal habt ihr wieder gekittet. Meint ihr, Kinder spüren
das nicht, wenn die Ehe nicht stimmt? Jedes eurer Kinder hat das gespürt.
Meine Kinder sollen das nicht spüren. (tiefes Seufzen und dann Weinen)
Ihr könntet mir helfen, aber ihr laßt mich im Stich. - Die Klientin
versucht das Weinen zu unterdrückten. Der Therapeut fordert sie auf, es
Ihnen zu sagen, wie sie ihr helfen können und was sie erwartet, was schön
wäre. - Ihr könntet zu mir stehen, mich nicht verurteilen. Ihr braucht
das ja gar nicht gut heißen, aber deswegen bin ich nicht schlecht. Immer
sagt ihr mir, ich bin schlecht. (weint) ... Ich bin nicht liebenswert, das sagt
ihr mir damit. Und ihr treibt mich regelrecht in andere Arme. Männer spüren
das, wenn es einer Frau schlecht geht. Sie sagen dann der Frau, daß sie
sie lieben und benutzen sie nur.
Th: Schau mal, was für ein Mann auftaucht. Wer ist da?
Kl: Kein bestimmter. Das ist eine Phase, 3 Monate hat es gedauert, wo mir eigentlich
jeder angesehen hat, daß ich allein bin, daß ich verzweifelt bin.
Das ist leichte Beute! Und dann, dann war Schluß. ... Jetzt taucht Thorsten
auf. Ich wollte ihn nicht. - Sie soll es ihm direkt sagen. - Thorsten, ich wollte
dich nicht. - Der Therapeut fragt, wie er reagiert. - Ja, mit diesem Blick,
mit dem hast du mich rumgekriegt. Wie oft mußtest du den einsetzen! Es
hat lange gedauert. Aber dann, dann hast du mich gehabt.
Th: Wie ist das für ihn, wenn du ihm das so sagst?
Kl: Ja, er ist stolz auf sich selber.
Th: Es macht ihm nichts aus, daß du ihm das so sagst?
Kl: Es war ein Kampf für ihn. Weil, bislang hat er in seinem Leben jede
Frau sofort gekriegt und bei mir mußte er arbeiten. Er ist stolz. Und
du bildest dir auch noch ein, daß du wirklich jede Frau kriegst, wenn
du nur lange genug arbeitest. ... trotzdem hast du mich verloren.
Th: Schau mal, wie er reagiert, ob ihm das wichtig ist.
Kl: Er ist ganz traurig, jetzt.
Th: Ah ja, du hast ihm anscheinend etwas bedeutet.
Kl: Du fühlst dich so schwach. Dabei bist du ein so großer Kerl von
über 1,90 m. Du bist stark, hab ich immer geglaubt. Aber du bist so schwach.
Du brauchst mich, weil du dich selbst nicht lieben kannst. Du brauchst die Frauen
als Bestätigung. (ärgerlich) Ich bin zu gut für dich, weißt
du das eigentlich? Und trotzdem hast du mich fast zerbrochen mit deinem Alkohol
und deinem Fremd gehen. Du hast alles kaputt gemacht. Du bist selber schuld.
Th: Kann er es akzeptieren?
Kl: Kannst du das akzeptieren? Ja, traurig schauen ist keine Antwort! Weißt
du, warum alles so passiert ist? Warum es so kommen mußte? Er weint, aber
er nickt mit dem Kopf.
Th: Wie ist das für dich? Seine Einsicht?
Kl: Erleichtert, total erleichtert. Es ist wie, ja, wie loslassen. - Sie soll
es ihm sagen. - Thorsten, ich kann dich jetzt los lassen, die ganze Vergangenheit
bis heute. Ich bin erst 25 Jahre, ich will mein Leben nicht so verbringen. Du
mußt gehen, und du weißt das auch. Siehst du. Vielleicht helfen
dir deine Tränen. Aber deine Einsicht wird dir noch mehr helfen. ... jetzt
ist da Karl.
Th: Ja, was für einen Gesichtsausdruck hat er?
Kl: Der Eisenring kommt (schweres Atmen, Weinen) - Sie soll ihm ihren Schmerz
zeigen. - Karl, was du gemacht hast, das paßt nicht zu mir. Du zerschlägst
alles mit deinem Vertrauens-bruch. Wenn du nur fremdgegangen wärst, dann
wäre es in Ordnung. Wir hatten uns eh’ schon getrennt. Mehr symbolisch.
Aber daß du mein Tagebuch nimmst, das ist ... Du zerschlägst mich
damit, du zerschlägst meinen Glauben, daß es noch gute Männer
gibt. (sehr unterdrücktes Weinen) ... Aber wer bin ich denn eigentlich,
(sehr empört) daß ich unter dir leide (gepreßtes Atmen und
Weinen) - Ihre Hände krampfen sich zusammen.
Th: Guck mal, was deine Hände machen wollen, spür mal.
Kl: Meine Hände? Mein Arm tut weh.
Th: Frag sie mal, was der Schmerz soll.
Kl: Der Schmerz ist die unterdrückte Rachelust. Ich wollte mich rächen,
aber ich bin weggelaufen.
Th: Dann mach es jetzt. Mach es einfach. Guck, was du machen möchtest.
Es ist alles ok.
Kl: Ich möchte dich schlagen ... Ich war so stolz darauf, daß ich
mir eingebildet habe, ich habe dir verziehen. Aber ich habe dir nicht verziehen!
Ich hab dir nicht verziehen. Du bist ein Schwein! Du bist überhaupt DAS
Schwein! Das Schwein der Männer, der alles in sich vereinigt. Untreue,
Mißtrauen, schlichtweg Vertrau-ensbruch, ausnutzen, benutzen. Du bist
das Symbol des schlechten Mannes überhaupt. Warum, warum tust du so was?
Ach nee, du mußt alles wissen? Kontrollieren, das kenne ich irgend woher.
- Die Klientin reagiert ziemlich sarkastisch.
Th: Wollte er dich kontrollieren mit dem Tagebuch, oder wollte er einfach was
von dir wissen, was du ihm vielleicht nicht freiwillig erzählt hast. Frag
ihn mal.
Kl: Karl, was wollest du mit diesem Tagebuch? Wir waren längst auseinander.
Aber du hast mich immer noch benutzt, wenn es dir in den Kram kam. Dann bist
du nachts zu mir gekommen und ich dumme Nuß hab dich auch noch reingelassen.
Ich hab dir immer wieder geglaubt, obwohl ich gewußt habe, daß wir
nicht zusammen passen, vom Wesen her. Trotzdem hab ich dir vertraut. Und dann
gehst du mit meiner besten Freundin ins Bett. Du wußtest, wenn ich das
weiß, daß für mich eine Welt zusammenbricht, du hast es gewußt.
(schluckt) Und sie hast du genauso betrogen wie mich. Mich hast du benutzt,
und sie auch. Aber daß Freundinnen mal darüber sprechen können,
auf die Idee bist du nicht gekommen. Und dann erzählst du ihr, daß
ich lüge! Das sei alles nicht wahr, Hirngespinste!! Dabei bist du in der
letzten Nacht noch bei mir gewesen.
Th: Also hat er nicht dazu gestanden, das tut dir weh.
Kl: (weint) Ja, und dann kommst du noch mit ihr in meine Wohnung und stellst
mich als Lügnerin hin. Was bildest du dir eigentlich ein? Und diese bodenlose
Frechheit (empört) Du wagst es, nur 1 Stunde später wieder zu kommen
und mir ins Gesicht zu sagen, daß ich mich gar nicht aufregen brauche,
sie glaubt dir sowieso mehr als mir. Es ist unverschämt! Und dann! Wieso
nimmst du mein Tagebuch mit? Was willst du damit? Triumph? .... Triumph!
Th: Laß ihm mal antworten, Schau mal, was er meint. Warum macht er das?
Hat er Rachegefühle? Will er dich fertig machen? Ist er feige? Steht er
nicht dazu?
Kl: Was ist mit dir? Warum brauchst du so etwas? Du steckst so voller Minder-wertigkeitskomplexe,
daß du dir nicht anders zu helfen weißt. Da sagst du mir, du wolltest
wissen, ob meine Gefühle echt sind?
Th: Er hat dir nicht getraut.
Kl: Du schließt nur von deiner Person auf andere. Nur weil du keine echten
Gefühle empfinden kannst, glaubst du, auch andere Menschen können
keine Gefühle empfinden. - Sie soll nachfragen, ob das stimmt und stellt
fest, daß es so ist. - Und warum hast du mir mein Tagebuch dann nicht
wiedergegeben, wenn du nur die Bestätigung brauchtest? (empört) Das
glaub ich dir nicht! Daß du dich schämst, glaub ich dir nicht. Wenn
du dich wirklich geschämt hättest, dann hättest du auch Reue
gezeigt, und dann hättest du auch versucht, das ins Reine zu bringen. Das
ist doch nur eine faule Ausrede! Es steht dir auf der Stirn ge-schrieben! Ja,
es ist der Triumph, schlichtweg der Triumph, eine niedergemacht zu haben. Ich
bin nicht die erste.
Th: Frag doch mal, wo seine Rache herkommt, seine Triumphsucht.
Kl: Woher kommt das? Warum brauchst du so etwas? Wo liegt bei dir die Ursa-che?
Es ist, er braucht solche Art, damit er selbst wachsen kann, damit er sich stark
fühlen kann. Das ist doch schizophren! (tiefes Atmen)
Th: Sag ihm mal, was Stärke deiner Meinung nach ist. Wie es richtig wäre.
Kl: Stärke entsteht dadurch, daß du deine Gefühle gibst, einfach
nur gibst. Das ist wahre Stärke! Weil, wenn du sie gibst, kommt alles von
allein zurück. (überrascht) Das stimmt nicht! Da ist Rene. Es kam
nicht von allein zurück.
Th: Ah ja, schau mal, was er meint oder wie er ausschaut.
Kl: Sie sind jetzt beide da. Und beide sagen, das stimmt nicht. - Sie soll sie
fragen, wie es ist. - Warum stimmt es nicht? Ich weiß, daß es in
der Natur ist. Das es stimmen muß. Wenn es nicht stimmt, dann habt IHR
ein Problem. - Die Klientin erkennt, daß Rene bedrückt reagiert.
Der Therapeut meint, daß sie damit dann wohl den Kern getroffen zu haben
scheint.
Kl: Da stehen jetzt hinter beiden ihre Mütter. Ich kenne ihre Mütter
gar nicht. Aber sie sind da. Viel größer als die beiden. Die beiden
schrumpfen. - Erschüt-tert stellt sie flüsternd fest, daß die
Mütter schlecht waren. Sie wird aufgefordert, es ihnen direkt zu sagen
und zu beobachten, wie die beiden reagieren. - Eure Mütter waren schlecht.
Karl, deine Mutter hat dich nicht beachtet. Und Rene, deine Mutter, sie war
... mannstoll ... (weint) ... und Alkoholikerin.
Th: Was läuft da gerade bei dir ab, du zitterst ganz doll.
Kl: Du verachtest die Frauen, du verachtest alle Frauen. Alle Frauen sind wie
deine Mutter! Und wenn du wirklich eine triffst, die nicht so ist, wie du glaubst,
dann zwingst du dich, an deine Mutter zu denken, wie sie im Bett liegt, besoffen,
mit einer qualmenden Zigarette, wie das Bett brennt, wie sie verbrennt und dann
noch 2 Jahre dahin vegetiert ... Oh Gott! - Die Klientin ist sehr verzweifelt.
Th: (fordernd) Atme dabei. Atme mehr, laß deinen Körper ruhig zittern.
Das ist gut, da will was raus, was dich betroffen gemacht hat.
Kl: Oh Rene, du kannst nicht aus deiner Haut. Du steckst viel zu sehr darin.
- Sie soll ihm ihre Betroffenheit zeigen. - Siehst du, was du ausgelöst
hast? Diese Schmerzen. Du hast sie gesehen, 4 Jah-re lang, 4 lange Jahre lang,
bis ich mich wieder im Griff hatte ... und gestorben bin, ... gestorben!...
(dann kühl reagierend, abweisend) Du hast mich getötet. Du hast mich
mit deiner Art, über Frauen zu denken getötet! Obwohl du immer gesagt
hast, daß ich eine Ausnahme sei. Trotzdem hast du mich damit getötet.
Meine Liebe zu dir mußte ich ganz tief verstecken, damit ich nicht daran
krepiere, ganz tief versenkt. Und da kannst du noch so lange bitten und betteln,
töten werde ich sie nicht, weil das war ein tolles Gefühl. - Der Thera-peut
fragt, von was für einem Gefühl die Rede sei. - Das ganze erste Jahr,
als ich auf dich gewartet habe, als ich meine Hoffnung am Leben gelassen habe
... Als ich dieses gewaltige Gefühl gespürt habe, ohne zu erwarten,
daß es tatsächlich zurückkommt. Ich wollte, daß es dir
gut geht. Und das hast du auch gespürt. Aber du konntest es nicht ertragen,
daß es nicht kaputt gegangen ist. Und dann hast du angefangen, systematisch
zu arbeiten, daß ich anfange zu leiden. Das ist nicht fair! Das ist überhaupt
nicht fair! Rene, du bist unfair. Unfair, und warum? - Dann spricht sie ganz
leise, ist traurig. - Weil du schwach bist! Du bist schwach, schwach, weil du
nicht lieben kannst, dich selbst nicht lieben kannst. Weil deine Mutter dich
nicht geliebt hat.
Th: Hol sie herbei und sag es ihr, oder frag sie mal ...
Kl: Sie ist immer noch da. Sie steht hinter ihm, riesengroß. - Die Klientin
wird zur direkten Ansprache aufgefordert. - Du stehst hinter deinem Sohn, aber
du stehst nicht „hinter” ihm. Du stehst da, wie eine übermächtige
Göttin. Du erdrückst ihn. Du ignorierst ihn. Du hast nur deine Süchte
im Kopf. Du siehst nicht, daß dein Kind daran zerbricht.
Th: Er soll es ihr mit seinen eigenen Worten sagen, wir wollen mal sehen, was
er ihr sagt.
Kl: Richard sitzt da und weint, wie ein Häufchen Elend. Und sie triumphiert
über ihn. Er ist gar nicht fähig, ihr seine Meinung zu sagen. - Die
Klientin soll es übernehmen, die Mutter könne ja gucken, was aus ihm
geworden ist. - Er ist sein Leben lang überhaupt nicht fähig, eine
Frau zu lieben. Und wenn er wirklich seine Gefühle zuläßt, für
einen Augen-blick, dann denkt er an dich. Hast du das gewollt? Findest du das
richtig, daß dein Sohn sich so entwickelt? Daß er niemals Vertrauen
empfindet, nicht mal zu sich selbst? Siehst du, da wirst du ganz klein. Du weißt
es ganz genau. Es ist nicht ohne Hoffnung. - Der Therapeut fragt, wer das sagt.
- Ich sag das. Weil, es kommt noch jemand, es ist Joachim. - Die Klientin erzählt,
es sei nicht „Joachim”, ihr ersten Ehemann, sondern „Joachim”,
ihr Freund. Sie hat ihn nach zwei Jahren nach Karl kennengelernt. Sie wollte
während dieser Zeit nichts mehr von den Männern wissen. Er gab ihr
das verlorene Vertrauen wieder. Sie lebten sieben Jahre zusammen. - Er will
vermitteln. Aber du kannst nur für dich sprechen. Du kannst gar nicht für
andere sprechen. Du siehst doch, wie verkorkst die sind. Sie glauben nicht an
die Liebe, und sie glauben nicht an Gefühle. Du ..., du warst eigentlich
der erste Mensch, der mich so genommen hat, wie ich bin. Du hast mich aus dieser
jahrelangen Zurückgezogenheit, da hast du mich wieder raus geholt. Du hast
mich geliebt. Du liebst mich immer noch. Aber wir gehen verschiedene Wege. Die
Zeit war nicht reif. Aber es war eine schöne Zeit mit dir. Und dennoch,
du kannst nicht wieder gut machen, was die anderen verkorkst haben. Schau, meine
ganzen Rache-gelüste habe ich unterdrückt. Und unsere Verbindung?
Warum ist sie kaputt ge-gangen? Weil mein Vertrauen nicht groß genug war,
darum ist sie kaputt gegangen. Meine Eifersucht hat dich dazu getrieben in andere
Arme zu gehen. Mein fehlendes Vertrauen in dich.
Th: Schau mal, wie er reagiert, was sagt er?
Kl: Er streichelt mich. Er sagt, das macht nichts, es ist gut, wie es ist. Er
sagt, (weint) ich liebe dich dennoch. Ich hab dich immer geliebt, sagt er mir.
Selbst, wenn ich meine Spielchen mit ihm getrieben habe. Du warst nie eifersüchtig.
Nie-mals. Und ich habe das gleichgesetzt, wenn du nicht eifersüchtig bist,
dann liebst du mich auch nicht. (weint) Ich habe das damals nicht gewußt,
wie das ist, bedingungslos zu lieben. Das habe ich erst danach erfahren. (weint
stärker) Und trotzdem ... Joachim, sag mir, wo ist unsere Liebe hingegangen?
Du sagst, wenn ich mich gebe, dann gebe ich mich ganz, und meine letzten Schläge
waren einfach zu groß.
Th: Ok, dann laß mal den Schläger auftauchen, guck mal, wer da kommt.
Kl: Da sind nur Karl und Rene. Ihr beide seid es. Ok, ihr habt mich nie geschlagen.
Im Gegenteil, Rene. Du warst immer fair zu mir. ... jedenfalls hab ich das bislang
geglaubt. Dein systematisches Arbeiten war nicht fair. Es war nur, weil du vor
meinen Gefühlen Angst hattest. Und Karl, du warst überhaupt nicht
fair. Von der ersten Minute an warst du nicht fair. Ihr habt mir mein Vertrauen
genommen.
Th: Ist es denn wichtig, fair zu sein? Spür mal, was ist dir wichtig daran.
Warum sollen die fair sein? Was ist es? Vielleicht sollen sie ja nur ehrlich
sein. Vielleicht können sie ja gar nicht anders. Warum ist dir „fair”
so wichtig? Spür mal hin.
Kl: Ja, natürlich, Fairneß bedeutet, ge-recht zu sein. Fairneß
bedeutet, ehrlich zu sein, offen zu sein.
Th: Sag es ihnen, red mir ihnen, das war es, deshalb ist es dir so wichtig,
sag es ihnen.
Kl: In Fairneß stecken alle Gefühle drin, und ich brauch das. Das
Gefühl, daß ich fair behandelt werde. Dann macht es auch nichts,
wenn es mal nicht nach meine Nase geht. Es ist nicht schlimm, wenn irgendwas
kaputt geht, aber wenn ihr unfair zu mir seid, dann verliere ich den Glauben.
Den Glauben an euch, den Glauben an mich, weil (weint wieder) hab ich denn überhaupt
ein Recht, zu glauben? Wenn ich immer falsch glaube? Ist es denn richtig, daß
ich immer wieder neues Vertrauen aufbaue, daß ich mich öffne, nur
um verletzt zu werden? Ich bin doch nicht ... , daß ich mich danach sehne,
verletzt zu werden. (weint verzweifelt) Ich möchte glauben, daß die
Welt gut ist, und daß die Menschen gut sind, daß jeder irgendwo
gut ist ... Dann darf ich auch gut sein, dann bin ich nicht schlecht. (weint
herzzerreißend) Aber ihr, ihr zeigt mir, daß ihr unfair seid.
Th: Wer war der erste, der unfair zu dir war? - Ganz spontan kommt von ihr:
Vati. - Der hat deinen Glauben zerstört. Dann laß ihn auftauchen.
Er soll gucken, welche Auswirkungen das hat, bis heute, sag’s ihm, zeig
es ihm.
Kl: Vati, durch deine Ungerechtigkeit kämpfe ich mein Leben lang daran,
daß ich an meinem Glauben festhalten kann, an mein Vertrauen, ... und
mir meine Offenheit und Fairneß erhalten kann. Und jeder zeigt mir, daß
es falsch ist, daß ich falsch bin. Es kann doch nicht angehen, daß
alle anders denken und mein Denken richtig ist. Also bin ich falsch. - Sie weint
immer noch sehr stark, bricht immer wieder in Weinkrämpfe aus.
Th: Und er hat dir das zum ersten Mal gesagt oder suggeriert, ist das so? -
Die Klientin bestätigt. - Dann sag ihm, was du ihm sagen willst.
Kl: Du hast dieses Weltbild in mir entstehen lassen, so daß ich, daß
ich bis heute in meiner realen Welt immer noch kämpfe, daß ich meinen
Glauben behalten darf, immer noch kämpfe, irgend etwas Gutes in meinem
Gegenüber zu sehen, keine Rachegefühle zulasse, weil es ist ja auch
irgendwas Gutes in diesem Menschen.
Th: Schau mal, ob das dein Vater nicht benutzt, ob das sein könnte. Spür
mal, ob du nicht Rachegefühle deinem Vater gegenüber hast. Ob du nicht
irgend etwas Gutes in deinem Vater auch noch ständig vermutest und das
Ganze einfach auf alle Männer übertragen hast. Das was dir geschehen
ist in dieser Beziehung, spür mal, ob es da einen Zusammenhang gibt. -
Die Klientin beruhigt sich.
Kl: Ich bekomme Kopfschmerzen. Vati, ich kriege Kopfschmerzen, und ich muß
aufs Klo. Du hast den Drang in mir geweckt, ständig aufs Klo zu müssen,
wenn es unangenehm wird.
Th: Ah ja, weglaufen, nicht mehr halten können, nicht mehr festhalten können,
nicht mehr kontrollieren können. Was will denn da raus? Stellvertretend.
Was ist es denn, was da raus will? Spür mal, was ist eigentlich das, was
raus will und jetzt, wenn du ihn anschaust, jetzt.
Kl: Vati, ich versteh nicht, was raus will. Ich möchte von dir geliebt
werden, ich möchte fair behandelt werden, genau so fair wie alle anderen.
Ich möchte nicht bevorzugt werden. Ich möchte nicht, daß meine
Geschwister für mich irgendwelche Schimpfe oder Schläge kriegen. Ich
möchte überhaupt keine Schläge und keine Schimpfe. Ich möchte
Erklärun-gen. Erklärungen, wie alles zusammenhängt. Ich möchte
ernst genommen sein. Ich möchte, daß du mir die Welt erklärst,
wie es meinem Alter entsprechend ist. Du kannst das, aber du willst das nicht.
Du bist feige! - Sie soll ihn fragen, ob er bereit dazu ist, da er ja die Auswirkungen
erlebt hat. - Vati, kannst du das? Ich sehe ja, das du ganz anders aussiehst
als sonst. Daß du mich anschaust mit einem Ernst im Blick. Du breitest
deine Arme aus, um mich in deine Arme zu nehmen. Meinst du, das macht alles
wieder gut? Ich habe schlichtweg ein Problem mit Männern und ich bin fest
überzeugt, daß du nicht ganz schuldlos daran bist. Im Gegenteil.
Du hast mir das so eingeimpft. Bei jedem Streit mit Mutti, mit jedem aggressiven
Wort. Und jetzt? Wo ist deine Aggressivität geblieben? Jetzt willst du
mir sagen, daß du mich liebst. -Der Therapeut fragt, ob sie das so annehmen
kann. Sie bejaht, es sei entspannend.
Th: Frag mal, ob er dich bedingungslos liebt, so wie du bist. Weil das ist ja
das, was du letztendlich gesucht hast und auch irgendwann einmal gefunden hattest.
Vielleicht ist das ja ein Geschenk an dich.
Kl: Liebst du mich so, wie ich jetzt bin? Ganz und gar, ohne irgendwelche For-derungen,
oder irgendwelche Zweifel oder was auch immer? Ja, das tust du. (tiefes Atmen)
Th: Zeig ihm, wie das für dich ist, das so zu hören oder wahrzunehmen.
Kl: Vati, es tut gut, das zu hören und wahrzunehmen ...
Th: Laß doch mal jetzt deinen Vater und alle deine Männer, Beziehungen
und Freunde auftauchen. Schau mal, wie die sich gruppieren, wie sie stehen miteinander.
Kl: Mein Vater steht links, und direkt bei ihm steht Joachim. Der andere Joachim,
also mein Mann, Thorsten steht auch bei meinem Vater. Irgendwie steht Rene da
auch. Es ist, als wenn mein Vater die alle umfaßt und irgendwie etwas
hingibt. Ja, im Endeffekt steht eigentlich nur noch der Karl auf der anderen
Seite. Sie haben unterschiedliche Gesichtsaus-drücke. Also Joachim, meinen
Mann meine ich, der hat irgendwie einen nichtssagenden Ausdruck. So, als gehört
er gar nicht dazu. Thorsten hat Sehn-sucht, also ... - Der Therapeut fordert
die direkte Ansprache. - Thorsten, bei dir spüre ich, daß du die
Sehnsucht verkörperst, daß du ... ja, Sehnsucht nach Liebe. Und,
ja bei Joachim (dem Freund), der verkörpert Liebe. Und Vati, ...Vati ist
jetzt ... du bist jetzt, du siehst heiler aus. Es ist irgendwas passiert. Es
ist, als wenn ihr euch alle miteinander ausgetauscht habt und beschlossen habt,
daß ihr mir das gebt, was mir fehlt. Bloß der Karl, der steht da
außen vor. Aber irgendwie lockt ihr ihn, er soll auch rüber kommen.
- Sie schluckt und fängt total gerührt an zu weinen. - Und jetzt,
jetzt kommt jemand und führt ihn ganz sachte auf die andere Seite, daß
er da mit in diese Gruppe kommt und er eine Chance hat, heil zu werden. - Weiche,
harmonische Musik wird eingespielt. - Er sträubt sich noch ein bißchen.
- Die Klientin soll ihm sagen, wie das für sie ist. - Karl, warum sträubst
du dich? Du siehst doch ... Siehst du überhaupt, wer dich da begleitet?
Es ist meine Helferin ...
Th: Und zeig ihm auch, wie es für dich ist.
Kl: Ich finde es so toll, daß sie dir hilft, aber ich kann nicht verstehen,
daß du dich sträubst. Du hast Angst, du hast Angst davor, heil zu
werden! (total erstaunt) Warum hast du Angst, heil zu werden. Ja, wenn du heil
bist, hast du die volle Verantwortung für dich? Oh ja, für dich und
für dein Leben.
Th: Spür das mal, ob du auch dazu bereit bist, wie das für dich ist,
erzähl ihm davon.
Kl: Karl, (begeistert) das ist ein tolles Gefühl. Es ist mit nichts vergleichbar,
laß dich einfach führen. Schau, wie vorsichtig sie dich führt.
Du brauchst nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Es ist gar keine
Arbeit notwendig. Komm (bittend, wieder enttäuscht weinend)
Th: Ja, was passiert?
Kl: Karl ist jetzt in der Gruppe. Und meine Helferin geht dreimal um die Gruppe
herum, ... dann kommt sie zu mir und ... (weint, ist total aufgelöst) und
zieht mir ein Hochzeitskleid an. - Die Klientin kann es gar nicht fassen. -
Und dann ist der Tod da, mit seinen glühenden Augen und er strahlt Frieden
aus. -Musik klingt leise. - Und er bittet mich vor den Altar und meine innere
Helferin, sie ist meine Brautjungfer. Und da sind dann noch kleine Mädchen,
die streuen Blu-men. ... Das bin ich! (erschüttert) Das bin ja ich!
Th: Ja, du als Kind, - Die Klientin bejaht. - die ganzen kleinen Margaretes
von gestern und vorgestern.
Kl: Und jetzt stehen sie Spalier. Ich ste-he vor dem Tod und er fragt mich,
ob ich bereit bin. Ob ich bereit zur Vermählung bin.
Th: Kannst du wahrnehmen, daß sowas wie eine alchimistische Hochzeit passiert?
Alles Alte in dir stirbt. Dein Ego-Anteil oder was immer das sein mag, deine
Erfahrung und der Tod in der ersten Sitzung, der dir das gezeigt hat, was du
erwartest. Und jetzt stehst du vor der Hochzeit. Die Frage ist jetzt, ob du
bereit bist für das Ja, für eine neue Ordnung, für was Neues
das passiert. Für deine Vermählung, - Die Klientin bejaht nochmal
unter Tränen. - ... die sind alle anscheinend bereit in dir. Schau dir
deinen Ehemann an, symbolisch. Für was steht er, schau ihn dir an. Er repräsentiert
etwas in dir. Wenn du ist nicht erkennst, dann frag ihn. (das Weinen läßt
nach)
Kl: Du repräsentierst die Verbundenheit, das Dazugehören, die Einheit,
mein Weltbild, das so oft auf wackligen Füßen stand und doch nie
ganz zusammen gebrochen ist.
Th: Sowas, wie Vertrauen in die Welt?
Kl: Ja, und einer nach dem anderen kommt und sagt das JA, obwohl ich gar kein
NEIN mehr sagen kann, weil ich hab längst JA gesagt. Und einer nach dem
anderen wird gefragt, und jeder von euch hat JA gesagt. Und jetzt, jetzt seid
ihr alle eins, ihr verschwimmt zu einer Person. Und selbst du, Vati, der du
alle in dir aufgenommen hast, bist nicht mehr du, du bist ich! (weint wieder,
ist total gerührt) Und da steht eine Frau vor mir, und ich weiß,
ich bin es selbst und du bist irgendwie körperlos ... überhaupt nicht
... überhaupt nicht, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll
... Du bist wunderschön, das ist ... du leuchtest. (es kommen starke Emotionen
und Weinen) Du bist, du bist ... meine weibliche Seite und du kommst auf mich
zu! Oh Gott, (stöhnt) mein Herz klopft, als wenn es rausspringen will!
(tiefes Atmen) ....
Th: Schau dich mal um, wie die Hochzeit ausschaut. -Walzer klingt auf-
Kl: Die ganze Hochzeitsgesellschaft bin ich. Meine Blumenmädchen bin ich.
Die Figuren, selbst der Tod, der als einziger noch da ist, der nicht zu mir
gehört, stimmt nicht, meine innere Helferin, sie steht neben ihm. Sie umarmen
sich und freuen sich für mich. Und alle Anteile, sie tanzen und wir freuen
uns. - Der Walzer spielt immer lauter eingespielt. Die Klientin seufzt tief
zu nunmehr harmonischer sehnsüchtiger Musik und läßt ihre Emotionen
fließen. Ihr Körper wird von unkontrollierbarem Zittern geschüttelt.
Dann plötzliches Lachen.
Th: Ja, was passiert?
Kl: (weint glücklich vor Freude) Wir sind, wir haben getanzt und dann,
ich hab in der Mitte gestanden und alle haben sich im Kreis hingelegt. Mit dem
Kopf in die Mitte und dann stieg von den Köpfen und von den Füßen
wie eine Kuppel aus Licht auf, und in der Mitte der Kuppel war noch ein kleines
Loch und da kam irgendwie ein Sog und hat mich hoch gehoben auf diese Lichtkuppel
bis ganz oben auf eine Regenbogen und (lacht) dann waren alle anderen auch da
und wir sind den Regenbogen hinunter ge-rutscht und sind wieder rauf und wieder
runter. Und jetzt fassen sich alle bei den Händen und stehen um mich rum
und kommen auf mich zu. Die Hände kommen immer dichter, alle sind zum Kreis
geschlossen. Die Hände kommen über meinen Kopf. Und dann werden sie
alle durchsichtig. Ihr werdet alle durchsichtig! Geht nicht weg! Ihr geht nicht
weg. Ihr kommt zu mir (erleichtert). Es ist Platz für alle. Und jetzt kommt
mein Herz aus der Brust, riesig groß, das klopft und zuckt. - Die Klientin
ist erschüttert und weint wieder. - ... und öffnet sich und alle dürfen
eintreten. (starkes, berürtes Weinen bei Anker-Musik) Oh Gott! (emotionales
Atmen)
Th: Ja, wie geht es dir jetzt?
Kl: Es ist schon fast an der Schmerz-grenze. Es ist, es ist nicht zu beschreiben.
Es ist, als wollte ich zerplatzen, aber doch alles an den richtigen Ort fügen.
Als könnte ich die ganze Welt umarmen. Als würden mein Arme immer
größer werden, länger werden und alles umfassen und doch nur
mich selbst umfassen. Es ist... als wenn alles in mir ist und doch alles außer
mir. Ich kann das nicht beschreiben ... Als würde ich mit der ganzen Welt
im Reigen tanzen. Und doch weiß ich, daß ich hier liege. Richtig
tief auf der Matratze liege und der Körper sein Gewicht hat. Und doch alles
..., ich kann das nicht beschreiben ....
Th: Wie geht es deinen Mitspielern, deinen Innenweltfiguren? Denen, die alle
hier beteiligt waren jetzt in diesen 4 Sitzungen?
Kl: Es ist niemand mehr außen, es ist niemand mehr da. Alle sind hier,
- Sie zeigt auf die Brust. - ... selbst der Tod hat sich hier eingeschlichen.
Ich dachte, der gehört nicht zu meiner Person, und meine Helferin, sie
ist sowieso immer bei mir, in mir, in meinem Garten. Das Ganze, das fällt
mir jetzt erst auf, das fand sowieso in meinem Garten statt. Und jetzt tauchen
da am ... auf der Wiese meine Eltern auf. Sie gehen Hand in Hand, winken mir
zu und ich winke zurück und lasse sie ziehen, weil ich weiß, daß
sie auch, daß sie auch drin sind. - Sie klopft sich auf die Brust. - Es
scheint irgendwie, daß nichts mehr fehlt. (tiefes erlöstes Atmen)
Und ich steh da, wie der ungläubige Thomas, (lacht) ... der das gar nicht
so fassen kann, und doch weiß, daß es so ist. Und ich tanze auf
der Wiese, auch ohne Musik. Meine Musik ist sowieso immer da. Und die Blumen,
die tanzen, die Tiere sind auch wieder da. Rehe, Vögel und Schmetter-linge.
Eine dicke Hummel, die sich kaum vorwärts bewegen kann, so schwer wie sie
ist, und muntere Bienen. Sogar die entsetzlichen Moskitos sind da, aber sie
tun mir nichts. Sie stechen mich gar nicht. Sie gehen auf das Reh. Und schon
kommt ein Vogel, ein blauer und pickt dem Reh das Ungeziefer und auch diese
Mücke aus dem Fell. - Musik -
Th: Ja, auch das ist eine symbolische Handlung, so als ob aus diesem symbolischen
Reh, was vielleicht für Unschuld steht oder für Zartheit, das, was
da nicht hingehört, rausgepickt wird.
Kl: Meine Haare wehen im Wind. Ich hab irre lange Haare. Ich hab noch nie ganz
lange Haare gehabt. Und der Wind, der streichelt mich. Und mein Baum, meine
Eiche winkt mir mit jedem Blatt zu. - Die Klientin schluckt, ist total berührt.
- Und mein Fluß, der immer so ruhig lang fließt, der plätschert.
Der plätschert über Steine, als wenn der Flußgeist mit den Hän-den
wirbelt und die Wassertropfen in die Luft wirft. Mein Fluß. Mein Lebensfluß.
Er ist wieder lebendig. - Die Klientin weint erlöst.
Th: Dann wink ihm doch mal zu, deinem Flußgeist. Du kannst ihn ja mal
fragen, ob es noch irgend etwas gibt, ob was unbeachtet worden ist, oder geklärt
werden muß, oder übersehen worden ist, oder noch was hängt.
Schau mal, was er sagt oder meint.
Kl: Flußgeist, gibt es noch irgend etwas, was ich tun muß, was ich
tun kann? (Lachen und Weinen folgt) Du sagst mir, ich muß nur noch ins
Boot steigen und mich von dir führen lassen. Nicht in das Holzboot, nicht
in das Schlauchboot. ... in dein Boot, in dein Wasserboot und mich treiben lassen.
Th: Dann tu es! Das Leben wartet auf dich. - Die Klientin steigt in das Boot
aus Wasser, holt sehr tief Luft und schüttelt sich.
Kl: Du bist ganz schön kalt! - Der Therapeut lacht herzlich und meint,
schließlich sei es ja auch Mitte Dezem-ber, kurz vor Weihnachten, aber
vielleicht könne er ja das Wasser für sie ein bißchen anwärmen.
Die Klientin überläßt sich ganz der Führung und lehnt
sich entspannt in diesem Boot, das so total aus Wasser ist, zurück. Ihre
innere Helferin rudert und lenkt. Es geht ziemlich schnell über Stromschnellen.
Der Fluß wird lebendig und fast wild, aber die Klientin weiß, sie
ist sicher in diesem Boot. Sie bekommt Lust, es selbst zu lenken und wird von
ihrer inneren Begleiterin und dem Flußgeist unterstützt.