Depression und sexuelle Störung

Sumpfloch & Sinnlichkeit

Die Klientin litt vor allem in ihrer Ehe unter Depressionen und sexuellen Problemen. In dieser Einzelsitzung kann sehr schnell der Hintergrund aufgedeckt werden: Die Mutter, die selbst mit dem Thema „Sinnlichkeit, Körperlichkeit und Sexualität“ nicht umgehen konnte, reagierte auf erste sinnliche Erfahrungen ihrer Tochter - in diesem Fall mit Schlamm - wütend. Sofort wurde bei der Klientin die Prägung gesetzt: „Das darf ich nicht - meine Hände sind böse.“ Seit diesem Zeitpunkt litt sie immer, wenn sie sinnliche Berührungen vollziehen wollte unter schweren Händen und Schuldgefühlen. Durch die erneute Konfrontation mit der Mutter in der Auslösersituation kann das prägende Muster sich verändern. Der innere Transformationsprozeß drückt sich in diesem Beispiel sehr schön darin aus, daß am Ende der Sitzung der Schriftzug „Rosige Aussichten“ erscheint. .....

Kl: Ja, jetzt begegnet mir der Mann, den ich dann auch geheiratet habe. In meiner ersten Ehe und wo ich mich dann hab’ scheiden lassen.

Th: Wie sieht er aus?

Kl: Also er begegnet mir eigentlich recht fröhlich, mit einem Lächeln im Gesicht. Er steht aber auch ziemlich in der Nähe eines Sumpfloches, also direkt davor. Ich gehe aber hin und ich sage so zu ihm: Komisch, du lächelst so freundlich, ich weiß gar nicht, warum ich in unserer Ehe so wahnsinnige Depressionen gehabt habe. Ja, er verstünde es auch nicht. Und dann muß ich immer auf dieses Sumpfloch gucken und zu ihm hin.

Th: Mir kommt gerade eine Idee. Steht das Sumpfloch für deine Depressionen, also für irgendetwas, was noch im Sumpf liegt? Wir können das überprüfen. Wenn das so ist, dann soll es mal kurz blubbern.

Kl: Ja, es blubbert. ... Ja, ich habe so das Gefühl, ich sage ihm: Komm, laß uns beide jetzt vernünftige Taucheranzüge anziehen, aber alle beide und du guckst dir das mit an, denn du hast da etwas mit zu tun. Und wir tauchen da beide rein. Ohne dich gehe ich da nicht rein. Es ist genauso dein Sumpfloch, wie es meines ist. ... Also, das Eintauchen fällt mir leicht. Es ist gar nicht so tief, das Loch, wie ich vermutet hätte.

Th: Oh ja, guck mal, was passiert, wenn du eintauchst. Welches Gefühl taucht auf?

Kl: Es ist unheimlich viel Schlamm, und ich denke, das kenn’ ich - so diesen Schlamm, das kenn’ ich. Jetzt kommen so Kinderbilder, wie ich als Kind im Schlamm gespielt habe.

Th: Ja, sei nochmal doch, spür das nochmal.Wie ist das für dich?

Kl: Ja, körperlich angenehm.

Th: Also Körperlichkeit.

Kl: Ja. ... Aber jetzt kommt der Satz „Du darfst da nicht hin, du darfst das nicht.“

Th: Hör mal die Stimme, wer sagt das?

Kl: Meine Mutter. Zwei bin ich. Und sie guckt sehr streng, sehr ernst, sehr streng. Sehr böse auch. ... Oh, das ist nicht schön für mich. Also, ich fühle mich, als wenn mich von ihr so ein Strahl trifft und ich ein Stück zurücktaumle.

Th: Das ist fast so wie eine Entscheidung, die du in diesem Moment fällst. Hör auf, das ist zu gefährlich, kann ich nicht, darf ich nicht, mach ich nicht.

Kl: Ja, tu ich nie wieder. Ich tue nur noch das, was der andere richtig findet.

Th: Ah ja, woher kommt das, was macht sie denn mit dir, daß du das folgsam machst? Ist es die Stimme?

Kl: Der ganze Ausdruck, die Stimme und auch so die Wut in ihren Augen. Das kann ich nicht ertragen, weil das sonst so eine liebevolle Frau ist und war, also ich seh’ immer so sehr viel helle Energie von ihr und ich liebe sie einfach sehr, sie ist mir sehr nah.

Th: Also, jetzt geh an die Stelle mit deinem Bewußtsein, wo dich dieser Ausdruck zum allerersten Mal geprägt hat, denn irgendein Erlebnis muß vorher gewesen sein, so daß das jetzt schon so eine Wirkung hat, ihre Stimme, ihr Aussehen, ihre Art. Welches ursprüngliche Erlebnis kommt hoch, jetzt? Schau aus deinen Augen heraus - jetzt.

Kl: Also, ich sehe mich nur aus dem Kinderwagen rausgucken, so babymäßig, also nicht mehr ein ganz kleines Baby, schon ein bißchen größer.

Th: Spüre mal, was du schon machen kannst. Schreien, quäken. Spüre mal, wie sich das anfühlt im Körper, was du siehst und dann guck mal, was passiert.

Kl: Ja, mein kleiner Bruder ist so 1 1/2 Jahre älter als ich, der guckt zum Kinderwagen rein und ich patsche ihm Schlamm ins Gesicht. Ich weiß nicht, wie ich an den Schlamm gekommen bin. Auf alle Fälle, diese Händchen sind voll Schlamm und das patsch ich dem so ans Gesicht, es kann auch Scheiße sein.

Th: Riech doch mal dran.

Kl: Ne, ist Schlamm, ist Dreck, es stinkt nicht. Mein Bruder schreit und ich patsche in dem Kinderwagen da rum und es ist Geschrei und ich sehe das Gesicht meiner Mutter, die sagt: Oh, nein, nein, nein! Und die klatscht mir so auf die Hände und versucht das recht grob auch so abzuwischen und sauber zu machen und ich hatte das schon überall hingeschmiert. An die Beine, zwischen die Beine, also ich war total verschmiert. Es ist auch Sommer, es ist warm.

Th: Was macht die Stimme mit dir, die Worte, spüre es mal ganz genau. Da wird so etwas wie eine Prägung gesetzt, jetzt. Was ist es? Es ist eine Entscheidung, die du fällst, an der Stelle.

Kl: Ich fühle mich schuldig. Ich verstehe zwar nicht ganz, d.h. ich verstehe überhaupt nicht, warum sie böse ist. Und ich fühle mich schuldig und habe das in Zusammenhang mit diesem Matsch und anfassen und so über den Körper gleiten, meinen Bruder anfassen. Also anfassen und schmieren, nein, nicht mehr.

Th: Und das fühlte sich körperlich eben noch richtig angenehm, gut an?

Kl: Ja, ja.

Th: Spüre mal mit deinem heutigen Bewußtsein, was das für eine Wirkung auf dich hat.

Kl: Ich habe das Gefühl, meine Hände sind böse. Ja - ich darf nicht anfassen. Ja, ich habe böse Hände.

Th: Schau deine Hände an und sag es ihnen.

Kl: Ihr seid böse! ... Die ziehen sich zurück und sind traurig. Sie sagen, wir sind eigentlich nicht böse. Aber sie ziehen sich sofort zurück. Und die tun dann auch nichts mehr, die Hände. Wollen auch nichts mehr anfassen, nichts mehr entdecken, nichts mehr tun.

Th: In der Situation, wenn du mit einem Mann zusammen bist, oder in deiner Ehe, ist da irgend etwas ähnlich? Dieses Gefühl - und die Hände ziehen sich zurück.

Kl: Ja, das kenn’ ich gut. Die werden dann ganz schwer und ich will auch nichts anfassen, nichts entdecken, ich habe Angst, was zu tun, was verkehrt ist.

Th: Es ist jetzt auch sehr wichtig, daß du die Zusammenhänge noch einmal sehr deutlich spürst und die Bilder siehst, die dazu gehören. Laß eine Situation mit deinem Mann, auftauchen. Und dann pendle einmal mit deinem Bewußtsein zwischen dem ursprünglichen Bild und der Situation hin und her. Das ist so etwas wie eine Prägung, und Prägungen kannst du nur auflösen, wenn du wahrnimmst und dann anfängst, anders zu handeln. Diese Prägung ist damals gesetzt worden.

Kl: Ich bekomm’ so dieses Bild: mit meinem Mann im Bett, und diese Bild: als Baby im Kinderwagen - und ich taxiere, wie die Energie von meinem Mann ist. Also wenn er Wut in sich hat, also wenn ich meine, seine Wut wahrzunehmen, oder Gereiztheit - oder so etwas - also irgend eine Unstimmigkeit, dann gehen meine Hände ganz weg von ihm. Dann will ich nichts von ihm anfassen, bin sehr passiv. Ja und wenn er so fröhlich ist, gelöst und im Fluß und ich nehme das wahr - so ganz locker, dann können meine Hände auch sehr aktiv sein, dann habe ich diese Schwere nicht. Aber sie ist nie ganz weg. Also dieses sinnliche - sich einfach nur freuen, an dem Schlammspiel, das kann ich heute nicht mehr. Dieses totale Sein - und der ganze Körper ist Lust - das geht nicht.

Th: Du könntest jetzt noch einmal da rein gehen, in dieses Baby. Sei noch mal dieses Baby, sei noch mal dieses absolute Sein. Spüre mal den Schlamm überall an deinem Körper - spüre dieses Lustgefühl - vielleicht ist es auch kein Lustgefühl, vielleicht ist es nur einfach toll. Kein Wort, keine Wertung, keinen Ekel, das gibt es alles nicht. Spüre es noch einmal überall und spüre deine Hände, wie sie sich bewegen. Jetzt atme mal diese Energie in dich ein, jetzt hier in deinen Körper, hier wo er auf der Matratze liegt und spüre mal, in welchen Bereich deines Körpers sie hin will. Stell dir einfach vor, wie du sie einatmest und irgendwo in deinem Körper einlagerst - so wie „nach Hause bringen“. - Musik zum Ankern wird eingespielt - Ganz bewußt, mit jedem Atemzug. Ja. Kannst du diese Energie jetzt wahrnehmen? Wenn du das Gefühl hast, daß das reicht, dann geh wieder mit deinem Bewußtsein in eine Situation rein, wenn du mit deinem Mann zusammen bist, wenn du neben ihm liegst. Dann faß ihn nochmal an und spüre in deinen Körper, wie er jetzt reagiert.

Kl: Es wird irgendwie so anders, also wir liegen beide nackt auf dem Bett und ich fasse ihn an und ich spüre meinen Körper total, meinen Unterleib, alles. Und dann bekomme ich so ein Gefühl für meine Hände, daß ich annehmen kann oder auch die Situation steuern kann, so wie ich das gerne möchte, so wie ich auch gerne angefaßt werden möchte. Und dann kommt so das Gefühl, ich habe mich eigentlich auch viel zu lange verletzen lassen, weil ich die Hände lahm gelegt habe.

Th: Ok, geh noch einmal in die Situation zurück, wo das entstanden ist - diese erste Situation - und dann sag mit deinem heutigen Bewußtsein, was immer du sagen willst zu deiner Mutter.

Kl: Also paß’ auf Mutti, ich sehe deine Verkorkstheit als Frau und du bist auch Opfer deiner Geschichte, aber ich möchte nicht länger das Opfer deiner Geschichte werden. Ich kann verstehen, wenn du das nicht möchtest, aber es ist einfach schön, mich anzufassen, meinen Körper zu spüren, den Schlamm zu schmecken, zu riechen, zu fühlen, alles - und ich möchte sinnlich sein, auch wenn du damit nicht einverstanden bist. Es ist nichts Böses, was ich hier tue, ich verletze niemand damit, ich bin dadurch noch lange keine Hure.

Th: Was sagen ihre Augen?

Kl: Ja, sie ist traurig und neidvoll. Sie hat viel später mal zu mir gesagt, als ich 18 Jahre alt war, als ich meinen ersten Freund hatte, und sie wußte, daß ich mit ihm sexuelle Kontakte hatte: Jetzt ist dein Weg als Hure nicht mehr weit entfernt, der steht dir offen. Diese Sorge stand wohl immer im Raum, diese Verklemmung.

Th: Sag ihr, was das ausgemacht hat, damals.

Kl: Du, mich hat das ganz tief verletzt damals, weil du mich nicht gesehen hast, wie ich eigentlich wirklich bin. Ich habe genau gesehen, daß du etwas Verkehrtes meinst. Du hast mich in eine Rolle reinpressen wollen, die ich nicht meinte und die auch nicht mein eigen ist. Du hast mir deine Männerfeindschaft aufdrücken wollen.

Th: Wenn du möchtest, dann gib ihr doch einfach die Hure zurück.

Kl: Kann ich ihr diese Rolle so einfach zurückgeben?

Th: Klar, denn es ist dein Leben, wenn es nicht geht, nimmt sie es nicht an.

Kl: Es ist dein Ding, es ist deine Geschichte, es ist deine Störung und ich will sie nicht mehr.

Th: Schau mal, ob du bereit bist, ihr das einfach zuzubilligen, eine Störung zu haben. Ob du ihr sagen kannst, o.k. es ist so, was immer du meinst, es ist deine Sache.

Kl: Also, ich würde sie schon gerne bekehren, ich kann ihr das schlecht zubilligen. ... Ich habe Schwierigkeiten damit, dir deine Weltanschauung so zuzubilligen.

Th: Spüre mal, daß ihr euch genau da trefft. Es geht nicht um den Inhalt der Weltanschauung, sondern du möchtest sie auch ein bißchen bekehren und das will sie auch. Da seid ihr ähnlich. Spüre, daß da etwas Gemeinsames ist. Schau sie an dabei und spüre sie mal.

Kl: Ja, sie hat Angst davor, daß ich sexuell zu aktiv werde und damit zum Opfer von Männern.

Th: Ja, sag ihr das.

Kl: Ich kann deine Angst jetzt begreifen, irgendwo, ich kann das so sehen und ich weiß, daß es für mich anders ist, ich kann aktiv sein und trotzdem brauche ich mich nicht vergewaltigen zu lassen. Es ist an mir selbst, meine Erfahrungen zu machen und auch meinen Weg zu gehen. Ich sehe, daß wir beide den gleichen Bekehrergeist haben und das amüsiert mich. Ja.

Th: Was passiert mit ihr, wenn du ihr das so klar und ehrlich sagst?

Kl: Sie billigt mir meinen Weg zu und sie fühlt sich verstanden auch von mir. Ich habe sie erreicht. ... Also, ich sehe schon, daß von ihr sexuell ein etwas lähmendes Gefühl ausgeht und ich sehe, daß da auch ein Teil davon bei mir ankommt, eine Wirkung hat. Aber ich spüre, das wird jetzt wieder lebendig in mir.

Th: Wie geht es dir jetzt?

Kl: Ich fühle mich ganz friedlich, ich habe gerade meinem Unterbewußtsein nochmal die Frage gestellt - „Hab ich denn Aussichten, daß ich das, was ich in der Therapie erfahre, auch im Alltag umsetzen kann?“ Dann kam ein Bild von einem Fenster und draußen war alles rosa. Und dann ging’s mir eigentlich so gut, dabei war ich mir auch meiner selbst so sicher. Daneben stand: „Rosige Aussichten!“

Th: Also, ich sehe das immer so: „Wenn die Kinder in der Schule schreiben lernen, dann können sie es im Leben auch. Gut, dann komm wieder zurück und mach diesen berühmten Sprung in die Wirklichkeit.

  Synergetik Institut
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