Teil 1
Das Geheimnis der Selbstheilung
Warum „Wunderheilungen“ ganz normal sind.
Wie Sie Ihre inneren Heiler aktivieren können.
Großer Test: Was Ärzte heute wissen
Wieso kommen einige Menschen ohne eine einzige Erkältung durch jeden Winter?
Wie schaffen es manche Krebspatienten, gegen alle Wahrscheinlichkeiten weiterzuleben?
Weshalb werden einige sogar wieder ganz gesund? Phänomene, die uns seit
langem beschäftigen und die die Wissenschaftler nun mehr und mehr entschlüsseln.
Sie haben dem Geheimnis dahinter einen Namen gegeben: Salutogenese (von „salus“
= gesund und „genesis“ Ursprung, Entstehung).
Salutogenese heißt, die Gesundheit, nicht die Krankheit in den
Mittelpunkt zu rücken
Konkret bedeutet das zum Beispiel: Eine Patientin mit Schlafstörungen kann
über ihre zu hohe Belastung im Job oder in der Familie grübeln und
Tabletten schlucken. Sie kann sich aber auch fragen, unter welchen Umständen
sie gut schläft, und so ihre eigenen heilenden Kräfte entdecken und
mobilisieren. Denn um mit Krankheiten fertig zu werden, müssen wir unsere
ganz persönlichen Gesundheitsquellen nutzen.
Die inneren Heiler können uns am Leben erhalten
„Mit dieser Macht, die in uns allen steckt, lassen sich zwei Drittel aller
Krankheiten in ihren Auswirkungen mildern“, sagt Professor Wolfram Schüffel,
Leiter der Klinik für Psychosomatik an der Universität Marburg, „wenn
nicht gar verhindern.“ Tatsächlich: Die inneren Heiler freizusetzen
kann uns am Leben erhalten. Eine Erkenntnis, die sich endlich auch in der Forschung
durchsetzt – und einen radikalen Wandel in der Medizin eingeleitet hat.
Fest steht: Gedanken und Gefühle haben einen viel größeren Anteil
an unserer Gesundheit, als Wissenschaftler es lange für möglich hielten.
Natürlich wissen wir längst, dass zu viel Stress krank macht und Entspannung
das Immunsystem stärkt. Inzwischen aber ist die Medizin einen großen
Schritt weitergekommen. Eine neue Wissenschaft, die Psychoneuroimmunologie,
will klären, was genau passiert, wenn der Geist den Körper heilt.
Sie erforscht, wie Psyche, Nervensystem und die körpereigene Krankheitsabwehr
miteinander verknüpft sind. Und liefert Belege, dass Gedanken tatsächlich
messbar auf Organe, Drüsen und Zellen wirken.
Die Gedanken steuern den Körper
Das haben inzwischen viele wissenschaftliche Studien bewiesen:
∑ Koffeinfreier Kaffee treibt =Puls und Blutdruck in die Höhe, wenn
man nur glaubt, das Koffein drin ist.
∑ Versuchspersonen in Neuseeland wurde weisgemacht, dass ihr Tonic-Water
Alkohol enthielt. Ergebnis: Nicht wenige der Pseudozecher lallten, fühlten
sich unsicher auf den Beinen und machten „alkoholbedingte“ Fehler
bei einem Merktest.
∑ Eine durch oberflächliche Schnitte vorgetäuschte Operation
am Knie hat dieselbe positive Wirkung wie der echte Eingriff. Damit der Geist
auf den Körper wirkt, braucht es aber noch nicht mal eine Scheinbehandlung
oder ein Scheinmedikament). Placebo, übersetzt: „ich werde gefallen“.)
Die bloße Besinnung genügt: Meditation beruhigt nachweislich den
Stoffwechsel, mildert Schmerzen, senkt den Blutdruck, lässt das Herz langsamer
schlagen.
Auf Grundlage solcher Erkenntnisse suchen Forscher nach Wegen, die Macht der
inneren Heiler therapeutisch gezielt einzusetzen. Statt nur immer auf Krankmacher
wie Stress, falsche Ernährung oder Viren zu bl , besinnen sich Mediziner
zunehmend auf das, was gesund hält. Sie fragen: Wie lassen sich die positiven
Kräfte, die im Zusammenspiel von Körper, Geist und Seele schlummern,
wecken und aktivieren? Dabei sind die Patienten mehr denn je gefragt. Sie sollten
nicht nur den „äußeren Arzt“, den Mediziner, befragen,
sondern auch den „inneren“ konsultieren. Denn wer weiß oder
spürt, was ihm gut tut und Widerstandskraft verleiht, kann am besten seine
ganz persönlichen gesundheitsfördernden Kräfte nutzen.
Gefühle und Einstellungen können das Leben verlängern
Auch dies belegen ganz unterschiedliche Untersuchungen.
∑ Patienten, die auf ihre Genesung vertrauen, bilden mehr Immunzellen.
Umgekehrt führt ein Gefühl von Hilflosigkeit zu einer erhöhten
Ausschüttung des Stresshormons ACTH und damit zu einer Abschwächung
der Antikörperproduktion.
∑ Innerhalb einer Gruppe von Testpersonen, die mit einem umfangreichen
Psycho-Frageboten in Optimisten und Pessimisten unterteilt worden waren, starben
im Zeitraum von 30 Jahren 19 Prozent mehr Pessimisten als Optimisten.
∑ Eine andere Untersuchung zeigte: Wer Rückschläge im Leben
nicht für schlichtes Pech ohne tiefere Bedeutung, sondern für einen
typischen Schicksalsschlag mit Wiederholungstendenz hält, stirbt im Schnitt
drei Jahre früher.
∑ Fast jeder zweite Asthmatiker, der glaubte, Allergene einzuatmen, bekam
Atemprobleme. Tatsächlich war die Atemluft sauber gewesen. Das zeigt deutlich:
Negative Erwartungen und Vorstellungen können krank machen. Wissenschaftlicher
sprechen vom „Nocebo-Effekt“ (noncebo = „ich werde schaden“).
Damit erklären Experten auch den Voodoo-Tod: Die bloße Angst vor
dem Fluch böser Geister kann körperliche Prozesse wie Atmung oder
Blutdruck so stark beeinflussen, dass das Opfer tatsächlich stirbt.
∑ Mit der Kraft der Gedanken lässt sich sogar der Tod verschieben:
In der Woche vor hohen Festtagen, die die Teilnehmer einer amerikanischen Studie
gern noch erleben wollten, gab es ein Drittel weniger Todesfälle als sonst.
Nach dem Fest stieg die Sterberate dann jeweils wieder um ein Drittel an.
∑ Die Anzahl der körpereigenen „Killerzellen“ zur Krankheitsabwehr
nimmt nachweislich zu, wenn man therapeutischen Fantasiereisen (Visualisierungen)
macht.
Wie Geist und Körper miteinander kommunizieren, ist für Gesundheitswissenschaftler
zu einer wesentlichen Frage geworden. Auch weil wir mit dem Medizinbetrieb,
wie wir ihn bisher kennen, an Grenzen gestoßen sind. Patienten fühlen
sich trotz Behandlung erschöpft oder überfordert, sind dauererkältet
oder depressiv. Ungeachtet des gewaltigen medizinischen Fortschritts wird längst
nicht jeder wieder gesund. Für viele gibt es noch immer keine befriedigenden
Therapien, bei anderen schlagen sie nicht an.
Körper, Geist und Seele
Wie unser Denken die Gesundheit beeinflusst
Die Kraft der Gedanken kennt jeder, der schon mal einen Kurs für autogenes
Training mitgemacht hat. Wer intensiv denkt: „Meine Hände und Füße
werden ganz warm“, der bekommt tatsächlich warme Hände und Füße“.
Wie kann das sein? Wie schafft es der Geist, den Körper zu beeinflussen,
uns gesund zu erhalten oder krank zu machen? Ganz genau versteht man es noch
nicht, aber so viel ist klar: Psyche, Nervensystem und die körpereigene
Krankheitsabwehr kommunizieren untereinander mit Hilfe von Botenstoffen wie
Hormonen und so genannten Transmittern. Dazu gehören die Zytokine, die
unter anderem bei negativen Gefühlen wie Angst, Wut oder Depressionen ausgeschüttet
werden und dann beispielsweise chronische Entzündungsprozesse ausläsen
können. Wie man heute weiß, spielen solche Entzündungsprozesse
zum Beispiel bei der Entstehung der Arteriosklerose eine große Rolle.
Und die kann wiederum Folgekrankheiten wie hohen Blutdruck, Herzinfarkt oder
Schlaganfall nach sich ziehen. Umgekehrt fördern Gefühle wie Freude
und Stolz die Ausschüttung von Glücksbotenstoffen wie Serotonin oder
Endorphinen, die die körpereigene Abwehr stark machen.
Dr. Sabine Thor-Wiedemann
Salutogenetische Kräfte stecken in jedem von uns.
Wie man sie freisetzt, lässt sich lernen
Manche Menschen wissen ganz instinktiv, was ihnen gut tut (siehe: „Haben
Sie Zugang zu Ihren Selbstheilungskräften?“) Einige haben Hobbys,
die nachweislich die Immunabwehr stärken oder den Stoffwechsel stabilisieren,
wie etwa Meditieren. Andere müssen den Zugang zu ihren Selbstheilungskräften
noch finden. Manchmal gelingt das erst, wenn sie schwer krank werden. Wie die
Ärztin Dr. Ruth Pillat, die an Krebs erkrankte. Ihre geschätzte Lebenserwartung
lag bei drei Monaten. Das ist bald 20 Jahre her. Heute sagt sie: „Ich
mache nur noch, was mir Freude bringt und Kraft gibt.“ Die Tanztherapeutin
Ute Bühler macht mit Erfolg Visualisierungsarbeit gegen ihre zu hohen Schilddrüsenwerte:
„Jetzt weiß ich, wie ich Gesundes in mich hineinhoffen kann.“
Wesentlich für ein salutogenetisches Handeln ist immer die Überlegung:
„Was kann ich selbst tun, um gesund zu bleiben?“ Laut Professor
Gerd A. Nagel, dem langjährigen Wissenschaftlichen Direktor der Freiburger
Klinik für Tumorbiologie, ist sie „eine der wichtigsten Fragen, die
sich Patienten stellen, nicht nur bei Krebs“. Auch Professor Wolfram Schüffel
ist überzeugt: „Patienten, die schnell genesen, haben ihre ganz persönlichen
Gesundheitsquellen entdeckt. Sie übernehmen Verantwortung für sich
und ihr Wohlbefinden.“ So erklärt er auch, warum es Rheumatiker gibt,
die trotz schmerzender Gelenke und eingeschränkter Beweglichkeit ein glückliches,
erfülltes Leben führen. Und das ist gar nicht mal so selten. Erst
kürzlich zeigte die Auswertung von 30 Studien, für die mehr als 10
000 Patienten befragt wurden, dass Menschen, die unter Krebs, Rheuma oder Diabetes
leiden, nicht unglücklicher sind als die Normalbevölkerung.
So weit die Wissenschaft. Aber haben ihre Erkenntnisse schon die niedergelassenen
Ärzte erreicht, unsere direkten Ansprechpartner, wenn wir krank sind? Wir
haben nachgefragt. Das Ergebnis des Brigitte-Ärzte-Rests: Es muss noch
viel passieren, Ärzte haben salutogenetisches Denken noch wenig verinnerlicht
und können darum ihre Patienten zu wenig dazu ermutigen. Den ausführlichen
Testbericht finden Sie ab Seite 140.
Annette Bopp
Checkliste :
Haben Sie Zugang zu Ihren Selbstheilungskräften?
Sie steckt in jeden von uns: Energie, die uns ohne Risiken und Nebenwirkungen
heilen oder gesund erhalten kann. Wissen Sie, was Sie brauchen, um sie zu aktivieren
– damit Sie sich rundum wohl und gesund fühlen? Unsere Fragen helfen,
sich darüber klar zu werden.
Haben Sie Ihre persönliche Entspannungsmethode?
Ist Ihnen bewusst, an welchem Platz in Ihrer Wohnung Sie sich am wohlsten
fühlen?
Kennen Sie bestimmte Speisen und Getränke (z. B. frisch gepresste Säfte
oder ein Glas guter Rotwein), die Ihnen besonders gut bekommen?
Wissen Sie, welche Ihrer liebsten Lebensmittel und Gerichte auch gesund sind?
Haben Sie eine Lieblingssportart?
Können Sie sagen, was Ihnen persönlich hilft, bei einer „normalen
Erkältung“ schnell wieder gesund zu werden (z. B. zwölf Stunden
schlafen; eine kräftige Hühnersuppe; ein heißes Bad; mit einer
Wärmflasche aufs Sofa)?
Ist Ihnen klar, Was Sie brauchen, um gut zu schlafen?
Sorgen Sie für regelmäßige Erholungspausen?
Haben Sie sich schon mal gefragt, was Sie im Alltag ändern können,
um weniger Stress zu haben?
Merken Sie es rasch, wenn Sie krank werden?
Fantasiereisen, Tagträume – kennen Sie Ihre Vorstellungskraft?
Ist Ihnen bewusst, wie angestrengt (oder auch entspannt) Ihr Leben gerade
ist?
Nehmen Sie Ihr Leben als Herausforderung wahr, die Sie selbst gestalten können?
Vertrauen Sie darauf, dass eine höhere Kraft Sie vor Krankheiten schützt?Auswertung:
Je mehr Fragen Sie mit Ja beantwortet haben, desto besser nutzen Sie Ihre Selbstheilungskräfte
ganz instinktiv. Auch wenn Sie überwiegend mit Nein geantwortet haben –
innere Heiler haben Sie trotzdem. Wie Sie diese entdecken und aktivieren können,
lesen Sie in den nächsten drei Teilen der großen Brigitte-Gesundheitsserie.
Kirsten Khaschei
Der Ärzte-Test
Was wissen Ärzte über die „inneren Heiler“?
Sie gelten selbst als Placebos. Das Gespräch mit ihnen kann Vertrauen
schaffen, motivieren oder entmutigen. Ärztinnen und Ärzte sind die
direkten Ansprechpartner, wenn es um unsere Gesundheit geht. Wir sollten wissen:
Entsprechen ihre Empfehlungen dem neuesten Stand der Wissenschaft? Kennen sie
sich mit Salutogenese, mit Selbstheilung aus? Helfen sie den Patienten, ihre
inneren Heiler zu aktivieren? Für den Brigitte-Ärzte-Test haben wir
eine repräsentative Auswahl praktischer Ärzte, Allgemeinmediziner
und Internisten telefonisch befragt. Mit Hilfe eines Fragebogens, der unter
anderem verschiedene Situationen aus der täglichen Praxis beschreibt. Zum
Beispiel: Eine Frau mit Schlafstörungen kommt in Ihre Sprechstunde. Was
fragen Sie ab? (Die genaue Frage können Sie im Kasten rechts nachlesen.)
Die Ärzte sollten dann angeben, welche der vorgegebenen Antworten sie für
wie wichtig halten bzw., was sie für gewöhnlich abfragen oder empfehlen.
Bei jedem Thema gab es mehrere Antwortmöglichkeiten, aber nur jeweils eine
entsprach salutogenetischen Prinzipien. In unserem Beispiel (siehe Kasten) war
das die Frage: Unter welchen Umständen haben Sie sich zuletzt gut gefühlt?
Das Ergebnis: Bei Schlafstörungen halten Ärzte die saltogenetische
Frage unter den Vorgaben für die am wenigsten wichtige. Nur knapp ein Viertel
(24 Prozent) bewertet sie mit „sehr wichtig“, gut die Hälfte
(51 Prozent) mit „wichtig“. Ein gutes Viertel (26 Prozent) der Umfrageteilnehmer
würde eine entsprechende Frage voraussichtlich gar nicht erst stellen –
so viele Ärzte ordnen sie als „unwichtig“ oder „weniger
wichtig“ ein. Am meisten Wert legen die Mediziner darauf herauszufinden,
wann die Symptome angefangen haben (61 Prozent: „sehr wichtig“,
36 Prozent: „wichtig“).
Noch deutlicher ist das Ergebnis beim Thema Bluthochdruck. Fast alle Befragten
(96 Prozent) raten einer Patientin mit zu hohem Blutdruck, das Rauchen aufzugeben
und sich mehr zu bewegen. Das ist zwar richtig – aber nicht genug. Denn
solche Empfehlungen erreichen die Patienten oft nicht. Sie werden vielmehr als
Beeinträchtigung empfunden und helfen kaum, innere Heiler zu aktivieren.
Angemessener wäre es, auch zu fragen, was die Patientin in ihrer Freizeit
gern tut, bei was sie sich wohl fühlt – und dann zu besprechen, welche
dieser Beschäftigungen besonders günstig für sie sind, etwa weil
sie das Herz-Kreislauf-System trainieren. Genau das wollten aber nicht mal zwei
von drei Ärzten wissen (60 Prozent).
Ähnlich ist es beim Abnehmen. Die allermeisten Mediziner (90 Prozent) raten
der Patientin dazu. Wenn es dann aber darum geht, sie zu motivieren, fragt nur
etwa die Hälfte (55 Prozent), was sie gern isst, um dann die gesunden Lebensmittel
zu empfehlen. Dabei wäre das der direkte Weg, die Selbstheilungskräfte
der Patientin zu wecken. Stattdessen geben Ärzte Gebote aus: Ganze 82 Prozent
raten dazu, auf Süßigkeiten zu verzichten. Dabei hält einen
Verzicht ohnehin niemand durch, nicht selten ist Heißhunger die Folge.
Und 57 Prozent empfehlen FdH (von allem die Hälfte bzw. einfach weniger
zu essen), um Gewicht zu verlieren – obwohl längst bewiesen ist,
dass das meist zum gegenteiligen Ergebnis führt. Fazit: Beunruhigend viele
Ärzte stellen nach wie vor die Krankheit in den Fokus, nicht die Gesundheit,
denken also noch nicht salutogenetisch. Und: Auch in einigen anderen Punkten
liegen Mediziner daneben. Zum Beispiel verschreiben 57 Prozent ein Blutdruck
senkendes Mittel, obwohl es medizinisch nicht unbedingt erforderlich wäre.
Denn fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent) glaubt immer noch, dass
Patienten in erster Linie ein Rezept wollen und keine guten Ratschläge.
Da haben Deutschland Ärzte also noch einiges nachzuholen.
Dabei zeigt der Test: In punkto Salutogenese müssen Ärzte mehr dazulernen
als Ärztinnen. Internisten mehr als praktische Ärzte. Die Frage nach
der liebsten Freizeitbeschäftigung zum Beispiel stellt nur etwa jeder zweite
Arzt (55 Prozent), aber fast drei Viertel aller Ärztinnen (72 Prozent).
Unter den Internisten hält sie nicht mal jeder zweite für nötig
(44 Prozent), dagegen zwei Drittel der praktischen Ärzte (66 Prozent).
Wer nach zeitgemäßer ärztlicher Behandlung sucht, ist den Umfrage-Ergebnissen
zufolge bei einer Hausärztin am besten aufgehoben.
Diana Helfrich
So sind wir vorgegangen
Hier ein Beispiel unserer Fragen an die Ärzte:
Sie haben eine Patientin, die unter Schlafstörungen leidet. Sie fühlt
sich müde und antriebslos, klagt über depressive Verstimmungen. Ich
lese Ihnen nun im Folgenden einige Fragen vor, die Sie Ihrer Patientin stellen
könnten. Bitte sagen Sie mir zu jeder dieser Fragen, wie wichtig diese
für Ihr weiteres therapeutisches Vorgehen ist (Antwortvorgabe: sehr wichtig,
wichtig, weniger wichtig, unwichtig).
Seit wann haben Sie diese Symptome
Können Sie schlecht ein- oder durchschlafen?
In welchen Situationen, bei welchen Gelegenheiten ist es am schlimmsten?
Gibt es Tage, wo es schlimmer ist als an anderen?
Unter welchen Umständen haben Sie sich zuletzt gut gefühlt?
Haben Sie besonders viel Stress?
Haben Sie Probleme am Arbeitsplatz?
Haben Sie Probleme mit der Partnerschaft oder der Familie?
Haben Sie bisher etwas dagegen unternommen?
Medizin im Wandel:
So machen Sie sich heute fit für den Arztbesuch
Krank sein, gesund sein: Überlegen Sie vor dem Termin
nicht nur, wann Ihre Beschwerden angefangen haben, sondern auch, wann Sie sich
zuletzt (so richtig wohl und gesund gefühlt haben. Was fällt Ihnen
auf, wenn Sie beide „Zustände“ miteinander vergleichen?
Mittel Ihrer Wahl: Schreiben Sie auf, welche Medikamente Sie
bereits ausprobiert haben bzw. welche Hausmittel oder andere begleitenden Maßnahmen
(z. B. bestimmte Tees, Speisen, Bewegung o.ä.) Ihnen gut tun.
Spurensuche: Fragen Sie sich im Vorfeld, was beim Krankwerden
eine Rolle gespielt haben könnte (Stress im Job, Überanstrengung,
Veranlagung, Ansteckung) – aber auch, was Sie generell stark und gesund
macht, also: Welche Lebensumstände könnten Ihre Basis für Gesundheit
und Wohlbefinden sein? Dazu gehören neben bestimmten Aktivitäten,
Erlebnissen und Kontakt zu anderen Menschen auch Hausmittel oder Übungen.
Nicht mogeln: Es ist verführerisch, den eigenen Lebensstil
zu beschönigen, um damit vor sich selbst und / oder vor dem Arzt besser
dazustehen. Aber diese kleinen Lügen helfen nicht weiter. Also besser ehrlich
sein – auch wenn es sehr schwer fällt – und den Arzt direkt
fragen: Haben Sie eine Idee wie ich es schaffen kann, wirklich das zu tun, was
mir gut tut? Gibt es vielleicht eine Selbsthilfegruppe? Oder einen Kurs bei
der Volkshochschule oder Krankenkasse?
Untersuchungen hinterfragen: Nicht alle der heute verfügbaren
Untersuchungsmethoden sind immer wirklich sinnvoll. Deshalb sollten Sie sich
erkundigen, was Ihnen eine aufwändige Untersuchung bringt. Manche haben
nur den Zweck, etwas genauer über die Beschwerden bzw. Symptome Bescheid
zu wissen – aber keinerlei Einfluss auf die Behandlung. Dann ist es sinnvoll
zu fragen: Muss das tatsächlich sein?
Zeit lassen: Fühlen Sie sich im Gespräch mit Ihrem
Arzt überrumpelt, etwa wenn es um eine Operation geht oder eine schmerzhafte
Untersuchung? Dann nehmen Sie sich Zeit, um in Ruhe zu entscheiden – schlafen
Sie darüber. Holen Sie gegebenenfalls eine zweite Meinung bei einem anderen
Arzt ein. Falls Ihnen ein Medikament oder eine bestimmte Behandlung verordnet
wird: Überlegen Sie bewusst, ob Sie es wirklich schaffen, sich daran zu
halten. Wollen Sie das verschriebene Medikament trotz eventueller Vorbehalte
wirklich nehmen? Oder möchten Sie doch lieber erst noch etwas anderes ausprobieren?
Das ist Ihr gutes Recht.
Abschied nehmen: „Für jede Krankheit gibt es eine
ideale Behandlung, und die will ich haben!“ – von dieser alten Überzeugung
sollten Sie sich verabschieden, denn heute weiß man: Die Therapie, die
dem einen gut tut, hilft dem anderen vielleicht gar nicht. Haben Sie also den
Mut, mit Ihrem Arzt zusammen verschiedene „Behandlungspläne“
zu diskutieren und den auszuwählen, von dem Sie wirklich überzeugt
sind. Denn Studien haben gezeigt: Menschen, die an ihre Heilung glauben, werden
schneller wieder gesund als Zweifler.
Kirsten Khaschei
Teil 2
Gesund werden mit der Kraft des Geistes
Unheilbar krank, chronische Schmerzen – und plötzlich doch genesen.
Drei erstaunliche Fälle und wie sie sich erklären lassen.Wunderheilung
sagen Laien. Spontanremission nennen es Ärzte. Gesundheitswissenschaftler
meinen: Es ist nicht unerklärlich, wenn Patienten entgegen ärztlicher
Prognosen gesund werden oder viel schneller als erwartet auf die Beine kommen.
Viele dieser Patienten haben ihre Selbstheilungskräfte aktiviert, sich
auf das besonnen, was sie gesund macht. Salutogenese (von „salus“
= gesund und „genesis“ = Ursprung, Entstehung) nennen Forscher diesen
neuen Weg in der Medizin. Danach zu handeln nützt nicht nur bei schweren
Erkrankungen wie Krebs, sondern auch bei jeder Erkältung, bei einem gebrochenen
Bein oder bei Schmerzen. Das sehen auch Mediziner aus der Praxis so: „Ärzte,
die ehrlich sind, wissen, dass sie noch nie aus eigener Kraft und allein einen
Menschen geheilt haben“, sagt Dr. Gerhard Müller-Schwefe, Präsident
der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e.V., der Patienten mit
chronischem Schmerz behandelt. Und ist überzeugt: „Menschen heilen
sich selbst, indem sie ihre inneren Helfer aktivieren.“ Wie diese drei
Frauen, die die Geschichte ihrer Genesung erzählen.
„Jetzt weiß ich, wie ich Gesundes in mich hineinholen kann“
Ute Bühler, 55, selbständige Tanzpädagogin und Schilddrüsenpatientin
Zum Jahreswechsel 1996/97 kam´s für mich knüppeldick. Im Herbst
ist meine Beziehung nach 13 Jahren in die Brüche gegangen. An Weihnachten
kam meine Mutter mit Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus. Zehn Tage später
starb mein Schwager von einer Minute auf die andere, plötzlicher Herztod.
Ich bin sofort zu meiner Schwester gefahren. Dort hat´s mich dann aber
selbst erwischt: Mein Herz raste plötzlich los, ich dachte nur noch: „Jetzt
bist du dran!“ Der Notarzt hat mir dann ein Beruhigungsmittel gespritzt.
Am nächsten Tag beim Internisten zeigte sich: Das Herz war in Ordnung,
die Blutwerte nicht – ich hatte eine Schilddrüsenüberfunktion
mit mehreren „kalten“ und einem „heißen“ Knoten.
Der Arzt sagte, ich müsse sie operativ entfernen lassen. Warum, hat er
mir allerdings nicht erklärt
Ute Bühler konnte ihre viel zu hohen Schilddrüsenwerte mit Visualisierungsarbeit
senken. Dr. Ruth Pillat hat durch ihren Krebs gelernt, für sich Verantwortung
zu übernehmen. Doris Nuding ging mit Heileurythmie und Atemtherapie erfolgreich
gegen ihr Asthma an.
Später fand ich dann selbst heraus: Der „heiße“ Knoten
macht sich immer wieder selbständig und schüttet viel zu viel Hormone
aus, bei den „kalten“ weiß man nie, ob sich nicht Krebs daraus
entwickelt. Die Operation wurde auf den 18. April 1997 festgesetzt – zehn
Wochen später, vorher war kein Bett frei.
Es ging mir miserabel. Immer wieder hatte ich Herzrasen, Todesangst, stand ständig
unter Strom, konnte kaum schlafen, nur mit Musik und bei Licht. Mir kam dann
ein Prospekt über eine neue Behandlungsmethode in die Finger: Visualisierungen
nach der „Methode Wildwuchs“1) Das fand ich interessant, war aber
total skeptisch – ist das nicht nur Hokuspokus? Aber ich dachte, ich kann´s
mir ja mal ansehen, und vereinbarte einen Termin mit der Therapeutin. Sie hatte
so gar nichts Esoterisches, und die Praxisräume waren hell und freundlich.
Ganz präzise und schnörkellos hat sie erklärt, was sie macht.
Nach drei Sitzungen war mir klar: Was immer dabei herauskommt, das mache ich!
Ich muss nichts tun, was ich nicht möchte, mir wird viel Feingefühl
entgegengebracht, und es hat mich fasziniert, mit mir selbst so in Kontakt zu
kommen. Ich hatte sofort das Gefühl, meine Schilddrüse damit beeinflussen
zu können. Nach drei weiteren Sitzungen habe ich die Operation im April
abgesagt, mir aber sicherheitshalber einen anderen Termin im August geben lassen.
Meine Freunde haben mich für diesen Mut bewundert, aber meine Familie reagierte
eher ablehnend
Ich dachte, dass sie sich doch freuen müssten, weil ich vorerst um die
Operation herumkomme. Aber es hieß nur: „Die Ute muss halt wieder
ihre eigenen Wege gehen.“ Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte,
wenn nicht meine Hausärztin gesagt hätte: „Wenn Sie das so für
sich entscheiden, dann bin ich bereit, Sie medizinisch dabei zu begleiten.“
Das hat mich wirklich sehr bestärkt. Ich habe auch immer wieder die Blutwerte
überprüfen lassen – ich wollte ja nicht den Kopf in den Sand
stecken, sondern lediglich etwas ausprobieren, was mir vielversprechend erschien.
Nach dem zehnten Visualisierungstermin waren die Schilddrüsenwerte gesunken.
Da habe ich auch den zweiten OP-Termin abgesagt und keinen neuen vereinbart.
Ich hatte gelernt, meine Schilddrüse wahrzunehmen, wenn sie sich meldet.
Sobald ich dieses Flirren im Körper spürte, wusste ich: Ich muss kürzer
treten, mir Ruhe gönnen, nicht so perfektionistisch sein, es nicht immer
allen recht machen wollen. Grenzen ziehen, Nein sagen. So bin ich dazu gekommen,
Schwäche zu zeigen und Wut zuzulassen. Beides habe ich mir früher
versagt, weil ich mich dafür geschämt habe.
Im Herbst, etwa ein dreiviertel Jahr nach der Diagnose, waren die Werte ganz
überwiegend im Normbereich, und sie sind es bis heute, also schon gut sechs
Jahre. Der Ultraschall zeigte: Die Knoten sind zwar noch da, aber die „kalten“
sind „flüssiger“ geworden, nicht mehr so verhärtet –
ein gutes Zeichen. Der Internist sagte: „Unter diesen Bedingungen würde
ich eine Operation nicht mehr befürworten.“
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1) Die dabei visualisierten inneren Bilder helfen, mit den körperlichen
Beschwerden in Kontakt zu kommen.
Zwei Jahre lang habe ich die Visualisierungsarbeit gemacht, anfangs
wöchentlich, später alle zwei Wochen, in eineinhalbstündigen
Sitzungen
Es war erstaunlich, was sich in dieser Zeit getan hat. Anfangs war ich total
euphorisch, kreativ, bin viel ausgegangen, fühlte mich jung, war begehrt
und habe begehrt. Später habe ich auch meine Schattenseiten kennen gelernt:
Schwäche, Wut Eifersucht, Neid, sogar Mordgelüste! So etwas kannte
ich vorher nicht, ich hatte es mir wohl einfach nicht zugestehen können.
Es ist merkwürdig, aber heute mag ich meine Schilddrüse. Sie ist mein
„Sprachrohr“ zu mir selbst. Durch sie kenne ich die Schrauben, an
denen ich drehen muss, um Gesundes in mich hineinzuholen. Klar, es hätte
auch schief gehen können, und dann hätte ich doch noch unters Messer
gemusst. Aber ich bin sicher: Damit wäre es auch nicht getan gewesen. Denn
zum Gesundwerden gehört mehr als nur etwas wegzuschneiden.
„Ich mache jetzt nur noch, was mir Freude bringt und Kraft gibt“
Dr. Ruth Pillat, 73, Ärztin und Krebspatientin
Meine geschätzte Lebenserwartung: mit Glück noch drei Monate. Das
war vor bald 20 Jahren. Ich war monatelang erkältet, müde, kaputt
gewesen. Kein Wunder bei dem Dauerstress: die Arbeit in der Praxis meines Mannes,
der Tod meiner Mutter, die Renovierung des Elternhauses – wir wollten
dort einziehen -, da blieb keine ruhige Minute für mich. Nachdem noch Herzrhythmus-Störungen
und Fieber hinzukamen, bin ich im März 1986 endlich zum Arzt gegangen.
Als gerade das EKG geschrieben wurde, hielt er mir meine Lungen-Röntgenbilder
vor die Nase und sagte: „Schauen Sie sich das an.“ Ich kramte meinen
medizinischen Sachverstand zusammen. Tuberkulose? Nein. Lungenkarzinom? Nein.
Dann sind es Metastasen. Er hat nur genickt. Und ich habe sofort gesagt: „Ich
gehe aber in keine normale Klinik!“ Danach kam die übliche Diagnostik:
fortgeschrittener Nierenkrebs, Metastasen in Leber und Lunge. Und ich wusste
nur eines: Ich gebe nicht auf.
Freunde empfahlen mir eine anthroposophische Klinik. Der leitende Internist,
mein Mann und ich entschieden gemeinsam: Die Niere mit dem Tumor wird entfernt.
Das war gegen die Regel. Eine Operation, so lehrt die Erfahrung, kann die Metastasen
förmlich zum Explodieren bringen. Aber ich wusste: Damit ich eine Chance
bekomme, mit dem Krebs fertig zu werden, muss die Tumormasse verkleinert werden.
Und das geht nur operativ. Chemo oder Bestrahlungen lehnte ich ab, aus Sorge,
den Körper damit zu sehr zu schwächen. Die Ärzte und auch mein
Mann haben das zum Glück unterstützt.
Nach der Operation habe ich viel gelegen, mich dabei aber immer gut
gefühlt
Und vieles geht ja auch im Lieben: Ich habe eine Misteltherapie und Heileurythmie
2) begonnen – beides mache ich heute noch. Ich konnte meditieren und nach
Simonton visualisieren 3). Jeden Monat beim Arzt dann das große Zittern:
Wie sehen die Metastasen aus? Anfangs sind sie weiter gewachsen und mehr geworden.
Ein halbes Jahr nach der Operation kam dann die Wende: kein weiterer Schatten
auf der Lunge, Stillstand. Jetzt wollte ich auch wieder mehr tun, aktiver sein.
Ich begann zusätzlich eine Mal- und eine Gesprächstherapie. Der Internist
hat mir damals den Grundsatz mit auf den Weg gegeben: „Hören Sie
mit allem immer auf, bevor es zu viel ist.“ Nur: Wie merkt man das rechtzeitig?
Ich habe eine einfache Antwort gefunden: Immer wenn ich anfange, keine Lust
mehr zu haben, höre ich auf.
Das habe ich strikt eingehalten, bei allem, und zuerst bei der Hausarbeit. Ich
habe nur noch getan, was mir Freude machte und Kraft gab. Das hat mich gezwungen,
selbst Entscheidungen zu treffen und Grenzen zu setzen – schon für
die Art der Therapie, aber noch viel mehr in meinem Alltag. Bisher hatte ich
mich vorwiegend nach anderen gerichtet, habe gemacht, was von mir erwartet wurde,
im Elternhaus, beim Studium, in meiner Ehe, und immer mit Freuden. Nur: Ich
habe mich im Grunde hinter den anderen versteckt. Das ging jetzt nicht mehr.
Mein Urteil, meine Grenzen waren gefordert – für meinen Körper,
für mein Leben. Offenbar habe ich dafür den Krebs gebraucht.
In den folgenden Jahren hatte ich einige neue Metastasen, die ich operieren
ließ. Seit 1997 sind aber keine mehr dazugekommen. „Sie werden eines
Tages nicht an, sondern mit Ihrem Krebs sterben“, hat mein Internist zu
mir gesagt. Das Gefühl habe ich auch. Der Krebs hat mich gelehrt, dass
es bestimmte Spielregeln gibt, an die ich mich halten muss, wenn ich weiterleben
will. Das fällt mir nicht schwer. Heute weiß ich, was ich will, dass
ich für mich selbst Verantwortung übernehmen muss und kann. Ich bin
mit Disziplin erzogen worden, ich bin wegen zu viel Disziplin krank und mit
Hilfe von Disziplin gesund geworden. Das ist meine Überzeugung –
auch wenn die meisten Ärzte es „Spontanremission“ nennen würden.
Doris Nuding, 48, Bilanzbuchhalterin und Asthma-Patientin
Mit 22 bin ich zu Hause ausgezogen. In meinem möblierten Zimmer hat mich
dann ein schwerer Asthmaanfall überrascht. Schon als Kind hatte ich Asthma
gehabt, aber mit der Pubertät war es verschwunden. Nun kam es mit voller
Wucht zurück. Nach diesem unerwarteten Anfall verging kein Tag mehr ohne
Medikamente. Bis zu achtmal täglich nahm ich Notfall-Spray, ständig
mit der großen Angst: Schaffe ich es, den Anfall früh genug zu bremsen?
Im Herbst 1982, mit 27 Jahren, habe ich es nicht geschafft. Da musste ich blitzschnell
ins nächste Krankenhaus. Das war eine anthroposophische Klinik. Bei einer
der Visiten fragte mich der leitende Internist: „Wo bringen Sie eigentlich
Ihr Asthma her? Das passt so gar nicht zu Ihnen.“ Da bin ich ins Grübeln
gekommen. Später hatte ich ein langes Gespräch mit ihm – dabei
habe ich mich angenommen und erkannt gefühlt wie noch nie zuvor. Dieser
Arzt hat mich nicht nur als Asthmatiker gesehen, sondern wollte mich als Mensch
verstehen. Und dabei ging mir ein Licht auf: Ich hatte mich dem Asthma völlig
ausgeliefert, als Opfer, das immer nur auf den Anfall wartet, nichts tun kann,
als Tabletten und Sprays zu nehmen. Und ich merkte: Das will ich nicht mehr.
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2) und 3) Beim Visualisieren nach Simonton stellt man sich bildhaft vor, wie
Krebszellen im Körper vernichtet werden. Heileurythmie ist eine anthroposophische
Therapieform, die einzelne Elemente der Sprache in Bewegung umsetzt.
Ein halbes Jahr Später war ich dann für fünf Wochen in dieser
Klinik, um zu lernen, anders mit der Krankheit umzugehen
Täglich machte ich Heileurythmie 4). Und spürte, wie es mir besser
ging. Im ganzen Körper: Meine Füße zum Beispiel waren immer
kalt gewesen – bei Asthma steckt ja alle Energie immer oben, in der Brust.
Jetzt waren sie warm, meine Knie zitterten nicht mehr. Zum ersten Mal hatte
ich das Gefühl, mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu stehen. Ich habe
dann täglich Eurythmie gemacht – und hatte keine Asthma-Anfälle
mehr.
Sechs Jahre lang, bis 1988. Da landete ich wieder auf der Intensivstation. Anschließend
habe ich die Eurythmie nach und nach reduziert. Es war klar, dass sie allein
jetzt nicht mehr reicht. Und das tägliche Üben hatte etwas Zwanghaftes
bekommen. Aber ich wusste: Um den Kontakt zu mir zu halten, brauche ich etwas
anderes. Nur was?
Erst mal war ich ratlos
Trotz der Medikamente hatte ich immer wieder schwere Anfälle. Mein Arzt
riet mir, mal etwas für mich zu tun. So fuhr ich im Sommer 1994 zur Kur.
Dort musste ich Atemgymnastik machen, ganz stur: auf 1-2-3 einatmen und auf
1-2-3-4-5-6 ausatmen. Das fixiert total auf den Atem, darauf ist man aber eh
schon fixiert. Ich fand das scheußlich, habe aber gleichzeitig gespürt:
Mit dem Atem kann man auch ganz anders arbeiten. Atemtherapie 5) – das
könnte mir helfen. Ich wollte möglichst viel wissen, die Methoden
vollständig durchdringen. Schon in der Kur hatte ich die Idee: Ich werde
Atemtherapeutin! Nur: Wie? Wo? Wann? Ich habe dann eine Schule in der Nähe
von Freiburg gefunden. Drei Jahre lang bin ich Mittwochfrüh um sechs von
zu Hause los, Freitagabend um neun war ich zurück. In dieser Zeit habe
ich gelernt, den Atem loszulassen. Das war konzentrierte Eigentherapie, intensive
Auseinandersetzung mit der Krankheit und mit mir selbst. Seither weiß
ich, worin mein Asthma begründet war: Ich hatte mich eng gemacht, weil
ich dachte, ich sei nichts wert. Schon gar nicht mit Asthma. Und ich wollte
meiner männerdominierten Familie immer beweisen, dass ich alles genauso
gut kann als Frau. Das hat mich viel Kraft gekostet, die ich sinnvoller nutzen
kann. Für mich.
Seit neun Jahren habe ich keinen Asthmaanfall mehr gehabt. Ich mache Atemübungen,
nicht täglich, aber oft. Eines meiner Dauermedikamente habe ich 2001 abgesetzt,
das Kortisonspray auf einmal täglich reduziert. Wenn die Eurythmie mich
auf die Beine gestellt hat, dann konnte ich dank Atemtherapie loslaufen. Ich
habe durch sie meine Mitte gefunden. Auch als Mensch, als Frau. Ich weiß
jetzt, was ich wert bin. Und ich bin in der Lage, meinen Weg selbstbestimmt
weiterzugehen – wohin er mich auch führt.
Protokolle: Annette Bopp
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4) und 5) Bei einer Atemtherapie geht es darum, den Atem bewusst wahrzunehmen
und als Kraftquelle zu entdecken.
Selbstheilung – die wichtigsten Fragen
Gesund werden durch die Kraft der Gedanken – kann das bei jedem klappen?
Im Prinzip ja. Denn Selbstheilungskräfte stecken in jedem von uns. Manche
Menschen wissen ganz instinktiv, was ihnen gut tut, was ihnen Widerstandskraft
verleiht und sie stark macht. Einige haben Vorlieben oder Gewohnheiten, die
nachweislich die Immunabwehr stärken oder den Stoffwechsel stabilisieren,
wie etwa Meditieren. Andere müssen den Zugang zu ihren Selbstheilungskräften
noch finden. Manchmal gelingt es erst, wenn sie durch eine schwere Krankheit
gezwungen sind, sich mit sich selbst auseinander zu setzen. Fest steht: Man
kann jederzeit lernen, die inneren Heiler zu aktivieren.
Heißt das: Wer trotzdem krank wird, ist selber schuld?
Nein. „Manches, aber nicht alles können wir beeinflussen“,
sagt Dr. Jürgen Schürholz, langjähriger ärztlicher Leiter
der Stuttgarter Filderklinik. Zwar lassen sich sehr viele Krankheiten durch
salutogenetisches Handeln abmildern oder gar verhindern – Experten schätzen
den Anteil auf zwei Drittel -, aber eben nicht alle. Zudem „geht es bei
Krankheiten nicht um Schuld oder Strafe“, sagt Dr. Schürholz. Niemand
muss sich Vorwürfe machen, auch wenn keine Besserung eintritt. Eine Garantie
auf den Erfolg gibt es nicht. „Aber es lohnt sich immer, etwas für
sich zu tun. Und dazu gehört viel mehr, als nur das körperliche Wohlbefinden
zu fördern. Alles, was hilft, den eigenen Platz in der Welt zu finden,
hält gesund.“
Woher weiß ich, was mir gut tut?
Viele von uns haben längst verlernt, auf den Körper und seine Botschaften
zu hören – und spüren Signale erst, wenn sie etwa eine Grippe
bekommen. Über allen täglichen Anforderungen vergisst man schnell,
was einem Lebensenergie, Vitalität und Widerstandskraft spendet. Dabei
liegt genau darin das Geheimnis der Heilung aus eigener Kraft. Verfahren wie
Atemtherapie oder Eurythmie können helfen, sich zu erinnern, einen neuen
Kontakt zum Körper herzustellen und diese Kräfte aufzuspüren;
im vierten Teil unserer Serie finden Sie die besten Methoden dafür. Aber
oft bringt auch eine kurze Besinnung viel. Professor Wolfram Schüffel,
Leiter der Klinik für Psychosomatik an der Universität Marburg, rät,
sich ganz schlicht zu fragen: Wann fühle ich mich so wohl, dass ich Bäume
ausreißen und die Welt umarmen könnte? Versuchen Sie sich diese Umstände
ins Gedächtnis zu rufen – dann wissen Sie auch schon, was Ihnen gut
tut.
Geht es in erster Linie um Wellness?
Nein, es geht weit darüber hinaus. Gerade bei ernsten Erkrankungen. Denn
die Selbstheilungskräfte zu aktivieren bedeutet auch: Verantwortung übernehmen.
Wer den inneren Arzt konsultiert hat, wird einen Rat des äußeren
Arztes, des Mediziners, womöglich in Frage stellen – einfach aus
der Überzeugung heraus, dass die empfohlene Therapie nicht die angemessene
ist. Aber deshalb eine Chemo ablehnen? Das bringt die Patienten mitunter in
sehr schwierige Situationen, und nicht jede ist sich so sicher wie Ruth Pillat.
Es gibt keine Patentlösung. Nur einen Rat: Besprechen Sie den Konflikt
in aller Ruhe mit Ihrem Arzt. Und finden Sie in partnerschaftlicher Diskussion
heraus, was jetzt das Beste für Sie ist.
Und wenn meine Ärztin oder mein Arzt das nicht mitmachen will?
Noch tun sich viele Ärzte schwer damit, Patienten als Partner in therapeutischen
Fragen anzuerkennen. Sie sind irritiert, wenn sich ihr Gegenüber aus Büchern
oder dem Internet informiert hat – und womöglich in Details besser
Bescheid weiß als sie selbst. Wenn Sie diesen Eindruck haben, sprechen
Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin darauf an. Sagen Sie, was Sie möchten
und warum Sie den ärztlichen Rat in Frage stellen. Und geben Sie dem Arzt
zu verstehen, dass Sie ihn dennoch brauchen. Aber eben nicht als Verordner,
sondern als „Fährmann im Meer des Wissens und der Erkenntnisse“
– so skizziert Ellis Huber, Geschäftsführer der naturheilkundlich
orientierten (gesetzlichen) Krankenkasse „Securvita“, die neue ärztliche
Rolle.
Gibt es Krankheiten, bei denen es besonders viel bringt, salutogenetisch zu
denken und zu handeln?
Bei jeder Krankheit, ob Erkältung, Bänderriss oder Migräne, hilft
es, die inneren Heiler zu mobilisieren. Mehr noch: Auch für Gesunde ist
es nützlich. Denn jeden Tag sind wir Belastungen ausgesetzt, die wir ausgleichen
müssen – sonst werden wir krank. Besonders angewiesen auf die inneren
Heiler sind dabei alle Patienten mit chronischen, also unheilbaren Krankheiten
oder mit Behinderungen. Sie stellen oft fest: Wenn ich mich bemühe, so
zu leben, dass ich mich gesund fühle, dann kann ich mit meiner Krankheit
oder Behinderung überraschend gut leben. Einige bezeichnen sich sogar als
gesund. Beobachtungen wie diese haben die Definition des Begriffs „Gesundheit“
der Weltgesundheitsorganisation als „Zustand völligen körperlichen,
seelischen und sozialen Wohlbefindens“ ins Wanken gebracht. Heute gilt
vielen Experten als gesund, wer „mit seinen Krankheiten ausreichend glücklich
leben kann“ – und Krankheit und Gesundheit als Pole, zwischen denen
der Mensch sich zeitlebens bewegt.
Man hat aber keine Lust, alles selbst in die Hand zu nehmen. Entscheidungen
überlässt man lieber dem Arzt mit seinem Fachwissen. Kann man trotzdem
Selbstheilung für sich nutzen?
Wenn Sie sich ganz bewusst dafür entscheiden, ist auch das ein Zeichen
von Selbstbestimmung und damit von salutogenetischem Denken: Sie geben die Verantwortung
freiwillig an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt ab, auf der Basis gegenseitigen
Vertrauens.
Wie können so einfache Dinge – kürzer treten, bestimmte
Übungen – so große Wirkungen haben?
Im Detail erklären kann das bisher niemand. Zwar weiß man inzwischen,
dass Geist und Körper enger miteinander verknüpft sind als lange angenommen.
Auch sind sich Experten sicher, dass in jedem von uns eine Kraft schlummert,
die uns gesund machen kann. Doch diese Kraft ist bei manchen Menschen sehr groß
und bei anderen kleiner, sie wird auf sehr individuelle Weise aktiviert –
und sie ist auch nicht immer wirkungsvoll. Darum lässt sich nicht jede
Schilddrüsenerkrankung mit Visualisierung lindern, nicht jedes Asthma verschwindet
mit Eurythmie und Atemtherapie. „Was für die eine Patientin heilsam
ist, kann für die andere schädlich sein“, sagt Dr. Jürgen
Schürholz. Das gilt sowohl für schulmedizinische Behandlungsmethoden
als auch für jede begleitende Maßnahme wie etwa Visualisieren –
und letztlich auch für alle Gewohnheiten und Verhaltensweisen im Alltag.
Jede muss selbst herausfinden, was gut tut und was die inneren Heiler aktiviert.
Das kann einem kein Arzt abnehmen.
Salutogenese – das klingt alles so einleuchtend. Warum ist es erst jetzt
ein Thema?
Dass Wissenschaftler erst jetzt die Kraft der Selbstheilung ernsthaft diskutieren,
liegt nicht nur an vielen spannenden und ermutigenden Erkenntnissen der vergangenen
Jahre. Sondern auch daran, dass wir mit unserem bisherigen Denken an Grenzen
gestoßen sind. In den 50er Jahren glaubte man zum Beispiel noch, Krebs
ausrotten zu können. Heute ist klar: Das wird nicht gelingen, auch mit
noch so modernen Therapien und Milliarden-Forschungsetats nicht.
Text: Annette Bopp, Diana Helfrich
Teil 3
Was uns wirklich gesund hält ...
ist jetzt bewiesen und leicht nachzumachen
Gar nicht erst krank werden – das wär´s. Wie man das schafft,
interessiert mittlerweile auch führende Wissenschaftler. Ihre Erkenntnisse
haben zu zwei neuen Trends in der Medizin geführt: der Salutogenese, dem
Aktivieren der inneren Heiler. Und der Prävention, über die wir heute
sehr viel mehr wissen als noch vor zehn Jahren. „Wer gesund werden oder
bleiben will, sollte beides tun: die eigenen Kraftquellen der Gesundheit erschließen
und Risikofaktoren ausschalten“, sagt der Internist Dr. Jürgen Schürholz,
langjähriger Ärztlicher Direktor der Stuttgarter Filderklinik. In
Teil 3 der Brigitte-Gesundheitsserie geht es deshalb um Prävention. Was
wirklich etwas bringt – die neuesten Erkenntnisse. Und warum es so schwer
fällt, gesund zu leben.Das legendäre „Runner´s High“.
Seit fünf Jahren laufe ich ihm nach, ohne es zu finden. Wenn ich mir morgens
noch im Halbschlaf die schmutzigen Sportschuhe zuschnüre, ahne ich bereits,
dass es wohl auch diesmal nichts werden wird mit dem Glücksgefühl,
zu dem regelmäßiger Sport angeblich verhilft. Statt Ekstase bleischwere
Glieder. Und der ewige Kampf gegen den inneren Schweinehund. Aber Gesundheit
hat eben ihren Preis. Oder?
Bewegung ist Gold wert, erzählen uns Mediziner und Gesundheitspolitiker.
Sie stärkt das Bindegewebe und macht schlank, lindert Depression und Herzschwäche,
beugt Brustkrebs und Osteoporose vor. Was will man mehr? Eine Garantie für
langes Leben? Wer weiß, ob es war nützt, denke ich mir, wenn ich
auf halber Strecke das Traben unterbreche, um im schnellen Schritt den kleinen
Berg zu erklimmen, der mich vom Heimweg trennt.
Es ist gar nicht so einfach, sich selbst um seine Gesundheit zu kümmern.
Obwohl wir eigentlich schon viel darüber wissen, was wir tun müssten:
fünfmal am Tag Obst und Gemüse, ausreichend schlafen, Stress vermeiden,
Alkohol und Nikotin aus dem Weg gehen. Und natürlich Sport treiben. Das
Einhalten dieser Grundregeln soll nach der neuesten Stufe der Gesundheitsreform
künftig belohnt werden: durch einen Bonus. Wer sich unter ärztlicher
Anleitung zum Beispiel das Rauchen abgewöhnt, soll weniger Krankenkassengebühr
bezahlen. Wie das genau kontrolliert werden wird, ist noch Gegenstand heftiger
Debatten. Ein „Präventionsgesetz“ soll nach einem Bundestagsbeschluss
bis zum Herbst verabschiedet sein. Sicher ist nur: „Eigenverantwortung
wird künftig eine größere Rolle spielen“, so SPD-Fraktionschef
Franz Müntefering.
Aber muss man sich nicht fragen, warum so viele ihr Leben nicht längst
in die eigene Hand genommen haben? Kann es sein, dass wir uns allzu sehr darauf
verlassen haben, für alle unsere Symptome ein Rezept zu haben, für
jede Krankheit einen Labortest, für sämtliche Gebrechen den richtigen
Facharzt? Unsere Großmütter taten das noch nicht: Sie konnten die
meisten Wehwehchen selbst kurieren und sind nicht wegen jeder Kleinigkeit zum
Arzt gerannt. „Die Frau als Hausärztin“ – dieser dicke
Wälzer stand im Schrank meiner Mutter und wurde oft hervorgezogen; als
Kind faszinierten mich die Darstellungen kunstvoll verschlungener Verbände
und die Eiterbeulen zum Ausklappen.
Ayurveda ist en vogue, die chinesische Medizin auch, und jede bessere Frauenärztin
verweist auf Yogakurse gegen das prämenstruelle Syndrom oder die Wechseljahre.
Die Magie ferner Welten soll da wirken, wo unsere Medizin keine Wunder mehr
verspricht. Denn sie hat alles messbar gemacht, was wir so genau gar nicht wissen
wollten. Doch exotische Kräuter und rauchende Nadeln bringen uns nicht
unbedingt weiter. Sollten wir von den Medizintraditionen nicht vor allem lernen,
dass Gesundheit eine Lebenseinstellung ist und keine Selbstverständlichkeit?
Dass man täglich neu an sich arbeiten muss?
Warum fällt es uns so schwer, freiwillig Verantwortung für uns zu
übernehmen? Klar, es ist leichter, sich mit Geld oder Pralinés zu
belohnen als mit dem prima Gefühl, das eigene Leben halbwegs im Griff zu
haben – zumal wir uns dafür echt anstrengen müssten. Wir sind
faul geworden, und Faulheit macht abhängig.
Die zehn Euro Praxisgebühr und die Zusatzversicherung für Zahnersatz,
die auf uns zukommen, werden uns jedenfalls nicht verändern. Sie setzen
nur am Geld an, die wahren Probleme erreichen sie nicht. Trotzdem liegt in der
finanziellen Misere des Gesundheitswesens auch eine Riesen-Chance: Sie zwingt
uns dazu, unseren Lebensstil zu überdenken. Wenn wir lange leben wollen,
müssen wir, das zeigen die Diskussionen in der Sozialpolitik, auch lange
arbeiten, demnächst vielleicht bis 70. Und wer nicht in 20, 30 oder 40
Jahren auf viel Hilfe angewiesen sein will, muss lernen, für sich selbst
zu sorgen – finanziell genauso wie gesundheitlich.
Den Riesen-Reparaturbetrieb, zu dem sich die Medizin in den vergangenen Jahrzehnten
aufgeblasen hat, sollten wir dabei meiden, wo wir können. Denn er produziert
viel zu oft Krankheit statt Gesundheit: wenn wir zu oft geröntgt, vorschnell
operiert und unnötig medikamentiert werden. Selbst Gesundheitsexperte Karl
Lauterbach, Mitglied der Rürup-Kommission, gibt zu, dass nicht nur Ernährung,
Stress und Umweltgifte Risikofaktoren sind, sondern auch die Medizin selbst:
„Eine Untersuchung der AOK zeigte, dass die Lebenserwartung bei steigender
Ärztedichte nicht steigt, sondern abnimmt ...“
Die Gesundheitspolitik aber denkt bei Prävention nicht an die Patienten,
sondern vor allem an die Lobbys: an mehr Tests zur Krebsvorsorge zum Beispiel,
die vor allem Ärzten, Laboranten und Apothekern zugute kommen. Zudem ist
der Sinn solcher Vorsorge-Untersuchungen mitunter umstritten: Gerade wurde von
den Kassen beschlossen, dass sie alle zwei Jahre eine Mammografie bezahlen,
da stellen jüngste Untersuchungen diese Früherkennungsmethode bereits
wieder in Frage. Ihnen zufolge scheinen die meisten Brustkrebsarten nämlich
schon zu metastasieren, bevor der Tumor auf dem Röntgenbild überhaupt
erkannt werden kann. Da fällt es wirklich schwer, sicher zu sein, was das
Richtige ist.
Lernen wir also, auf uns selbst zu vertrauen. Achten wir auf die Signale, die
unser Körper aussendet. Informieren wir uns, welche Krankheiten es in der
Familie gab und welche persönlichen Risiken wir in uns tragen. Trauen Sie
keinem schnellen Programm, nur Ihrem eigenen Weg! Auch das ist ein Element der
Salutogenese, der Besinnung auf die eigenen Selbstheilungskräfte.
Viele Menschen gehen bereits diesen Weg – in Deutschland gibt es über
70 000 Selbsthilfegruppen. „Sich interessieren und teilnehmen, Anteil
nehmen, mitgestalten – auch das gehört zur Gesundheit“, sagt
Felix Gutzwiller, Medizinprofessor an ETH Zürich. „Man kann dabei
neue Kräfte entwickeln, um nicht alles ungefragt mich sich geschehen zu
lassen.“
Einen Anfang machen. Auch wenn es noch verdammt früh am Morgen ist ...
Text: Petra Thorbrietz
Vorsorge-Untersuchungen: Das zahlt die Kasse
Gibt es Darmkrebs in Ihrer Verwandtschaft? Ist Ihre Oma Diabetikerin? Sind Sie
übergewichtig? Wie wichtig eine Untersuchung für Sie ist, hängt
von vielen individuellen Voraussetzungen ab. Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin
oder Ihrem Arzt darüber, wovon Sie wann profitieren. Zur Orientierung ist
hier ein Überblick der Tests, die die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen:
Bei Frauen
Ab 20: jährlich Unterleibsuntersuchung und Krebsabstrich beim Frauenarzt.
Ab 30: jährlich Tastuntersuchung der Brust und der Achselhöhlen durch
die Ärztin, Anleitung zur Selbstuntersuchung der Brust.
Ab 50 bis 70: alle zwei Jahre Mammografie (im Rahmen von Screening-Programmen,
die es noch nicht überall gibt).
Bei Frauen und Männern
Ab 35: alle zwei Jahre Check-up – allgemeine körperliche Untersuchung,
Bestimmung von Blutwerten und Urintest zur Früherkennung von Diabetes,
Bluthochdruck, Herz-Kreislauf- und Nierenkrankheiten.
Ab 50: jährliche Tastuntersuchung des Enddarms und Test auf verborgenes
Blut im Stuhl zur Früherkennung von Darmkrebs.
Ab 56: eine Darmspiegelung zur Früherkennung von Dickdarmkrebs (plus eine
weitere Spiegelung nach zehn Jahren). Wer die Darmspiegelung nicht will, kann
weiter alle zwei Jahre einen Rest auf Blut im Stuhl machen.
Bei Männern
Ab 45: jährliche Untersuchungen zur Früherkennung von Krebs an Penis
(optische Kontrolle) und Hoden (Tastbefund), jährliche Tastuntersuchung
der Prostata vom Darm aus.
PRÄVENTION – worauf es ankommt
Fast täglich gibt es neue Studienergebnisse. Wir haben für Sie die
wichtigsten zusammengestellt, damit Sie mit wenig Aufwand viel erreichen können
Dünne sind besonders gefährdet:
Osteoporose
Besonders Frauen, die groß (über 1,70 m) oder sehr dünn sind,
die ständig Crash-Diäten machen und sich ungern bewegen, haben ein
erhöhtes Risiko für den Knochenschwund. Gefährdet sind außerdem
Raucherinnen: Wer 20 Jahre lang eine Packung am Tag raucht, hat bis zu zehn
Prozent weniger Knochensubstanz. Zur Vorbeugung wichtig: viel Kalzium und wenig
Phosphat im Essen. Reichlich Kalzium liefern vor allem Milchprodukte, kalziumreiches
Mineralwasser (mindestens 150 Milligramm pro Liter sind gut) und grünes
Gemüse wie Lauch, Grünkohl oder Brokkoli. Vorsichtig sollte man mit
Innereien, Schmelzkäse, Wurst und Cola sein, sie enthalten viel Phosphat.
Ebenfalls wichtig für feste Knochen: Bewegung, kombiniert mit einem leichten
Krafttraining (z. B. mit dem Theraband oder mit kleinen Hanteln). Wassergymnastik
ist besonders effektiv, weil der Wasserwiderstand den Knochenaufbau fördert.
Am besten für feste Knochen ist ein abwechslungsreiches Training, so eine
Münchner Studie. Gymnastik gegen Osteoporose und Aquafitness werden von
vielen Krankenkassen angeboten oder bezuschusst. Für alle Aktivitäten
gilt: möglichst früh anfangen. Wer schon mit 20 bis 30 Jahren für
eine gute Knochensubstanz sorgt, kann diesen Vorsprung oft in die kritische
Zeit nach den Wechseljahren hinüberretten.
Mehr Infos: www.osteoporose.org
Richtig essen beugt vor:
Brustkrebs
Neuesten Schätzungen zufolge könnten rund 60 Prozent aller Todesfälle
an Krebs durch Änderungen des Lebensstils verhindert werden. Besonders
wichtig ist das für Frauen, die ein überdurchschnittliches Brustkrebsrisiko
haben. Risikofaktoren sind zum Beispiel: erste Regel vor dem 12. Lebensjahr,
Wechseljahre erst mit 55 oder später, das erste Kind mit über 30,
schon bestehende gutartige Brustveränderungen, Mutter oder Schwester mit
Brustkrebs oder eine jahrelange Hormontherapie während und nach den Wechseljahren.
Die Antibabypille erhöht dagegen einer neuen amerikanischen Studie zufolge
das Risiko nicht. Wer sich bewusst ernährt, kann sein Brustkrebsrisiko
um schätzungsweise 30 Prozent senken. Das heißt: nicht zu viel Fett
und Kalorien, damit der Body Mass Index* unter 25 bleibt. Denn übergewichtige
Frauen produzieren in ihrem Fettgewebe zusätzliches Östrogen, und
dieses Hormon begünstigt die Entstehung von Brusttumoren. Wichtig ist aber
nicht nur, wie viel, sondern auch was man isst. Reichlich Obst und Gemüse
senken das Brustkrebsrisiko, mindestens 400 Gramm am Tag sollten es sein. Neben
Vitaminen, die helfen, Schäden in der Erbsubstanz zu reparieren, spielen
auch so genannte Sekundäre Pflanzenstoffe für die Krebsvorbeugung
eine Rolle. Solche Schutzstoffe sind zum Beispiel in Tomaten, Knoblauch, Kohl,
Tee oder Weintrauben und auch in Rotwein besonders reichlich enthalten. Aber
Vorsicht: Mit steigendem Alkoholkonsum nimmt wiederum das Brustkrebsrisiko zu,
bei zwei Gläsern Wein oder Bier am Tag schon um 40 Prozent. Ein kleines
Glas pro Tag ist aber vollkommen okay. Auch Vollkornprodukte, Soja, Nüsse
und Seefisch enthalten Inhaltsstoffe, die vor Krebs schützen können.
Vorsichtig sollte man mit stark erhitzten Kartoffelprodukten sein (Chips, Pommes
frites, Bratkartoffeln). Sie enthalten Acrylamid, das im Verdacht steht, Krebs
zu erregen. Wenn junge Mädchen innerhalb der ersten fünf Jahre nach
der ersten Regel zu rauchen anfangen, haben sie einer neuen kanadischen Studie
zufolge ein sehr viel höheres Brustkrebsrisiko. Das wird in einigen Jahren
in Deutschland sicher ein klar erkennbares Problem, denn mittlerweile raucht
bei uns jedes fünfte Mädchen zwischen 12 und 15 und fast jedes zweite
zwischen 16 und 19.
Mehr Infos: www.krebsgesellschaft.de,
www.krebshilfe.de, www.krebstherapien.de
, www.5amtag.de
*Der Body-Mass-Index (BMI) berechnet sich so: Körpergewicht in Kilogramm,
geteilt durch Größe in Metern im Quadrat. Eine 1,68 Meter große
Frau, die 62 Kilo wiegt, hat demnach einen BMI von 22.
Ein Programm gegen
Rückenschmerzen
Dass Prävention vor Rückenproblemen schützt und so jede Menge
Kosten spart, zeigte kürzlich eine von der AOK in Auftrag gegebene Studie.
Versicherte mit chronischen Rückenbeschwerden, die an einem Rückenschulprogramm
teilnahmen, waren demnach in den nächsten zwei Jahren im Schnitt volle
18 Tage weniger pro Jahr krankgeschrieben als Nicht-Geschulte. Viele Kassen
bieten ähnliche Programme an oder finanzieren entsprechende Kurse. Allerdings:
Mit ein paar Verhaltensänderungen im Alltag könnten die meisten Betroffenen
genauso viel gegen ihre Rückenschmerzen tun. Denn fast immer liegen den
Beschwerden schlicht Bewegungsmangel, eine schlappe Bauch- und Rückenmuskulatur
und stressbedingte Muskelverspannungen zugrunde. Wer den ganzen Tag sitzt, sollte
überlegen, wie er mehr Bewegung in sein Leben bringt. Telefonieren kann
man auch im Stehen, die Fernbedienung muss man nicht unbedingt benutzen, und
zwischendurch mal ein paar Schritte gehen oder sich strecken kann man eigentlich
fast in jedem Job. Wer viel Rad fährt, achtet besser auf die richtige Einstellung
von Sattel und Lenker. Der Lenker sollte etwa 20 Zentimeter höher sein
als der Sattel. Eine Vollfederung reduziert die Stoßbelastung für
die Wirbelsäule um gut ein Drittel. Besonders gut für den Rücken
sind Schwimmen (vor allem Rückenschwimmen und Kraulen), ein gut angeleitetes
dosiertes Krafttraining im Fitness-Studio, Skilanglauf, Nordic Walking und erstaunlicherweise
auch Reiten.
Mehr Infos: www.wirbelsaeulenliga.de,
www.agr-ev.de
Haustiere können das Risiko senken:
Allergien, Asthma, Neurodermitis
Fast ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen reagieren mittlerweile auf irgend
etwas allergisch, insgesamt gibt es mindestens zehn Millionen Allergiker in
Deutschland. Grund genug, so früh wie möglich vorzubeugen. Unter Umständen
sogar schon vor der Geburt. Eine Beratung von allergiegefährdeten Schwangeren
(sie sollten zum Beispiel nicht rauchen, möglichst ein halbes Jahr lang
stillen und hypoallergene Babynahrung benutzen) senkte jedenfalls in einer Studie
der Medizinischen Hochschule Hannover die Neurodermitisrate ihrer Babys auf
die Hälfte. Nach einem Jahr war die Hautkrankheit bei Kindern, deren Mütter
an der Beratung teilgenommen hatten, immer noch um 16 Prozent seltener. Ebenfalls
wichtig: eine gesunde Einstellung zu Schmutz und Infekten. Denn viele Studien
weisen mittlerweile darauf hin, dass das Immunsystem nicht richtig ausreift,
wenn es im Kindesalter nicht mit ganz alltäglichen Keimen konfrontiert
wird. Einzelkinder sollten deshalb möglichst viel mit anderen Kindern spielen,
damit sie sich die üblichen harmlosen Infekte einfangen (die gängigen
Impfungen gegen Kinderkrankheiten halten die meisten Experten aber trotzdem
für nötig!). Denn sie haben ein um ein Viertel höheres Allergierisiko
als Kinder mit älteren Geschwistern. Eine Münchner Studie zeigte,
dass Bauernkinder, die von klein auf im Stall gespielt hatten, viel seltener
unter Heuschnupfen, Asthma oder Neurodermitis litten als Stadtkinder. Kinder
kriegen auch nicht häufiger Allergien, wenn ein Hund oder eine Katze im
Haus ist, im Gegenteil: Einer neuen amerikanischen Studie zufolge hatten Kinder
mit mehreren Haustieren sogar nur ein halb so großes Allergierisiko. Auch
andere fest gefasste Meinungen wackeln mittlerweile: So zeigte eine australische
Studie, dass nicht etwa synthetisches Bettzeug am besten vor Asthmaanfällen
schützt, sondern die früher verpönten Federbetten, weil sie deutlich
weniger mit Milben besiedelt sind.
Mehr Infos: www.daab.de,
www.dha-allergien.de
Sport bringt mehr als Tabletten:
Diabetes
Diabetes Typ II (früher „Altersdiabetes“ genannt) lässt
sich mit dem richten Lebensstil weitgehend verhindern. Das steht spätestens
seit zwei Jahren fest, als eine bahnbrechende finnische Studie die Fachwelt
erstaunte. Darin wurden Übergewichtige, die ein hohes Diabetes-Risiko hatten,
umfassend betreut. Das Ziel: Sie sollten fünf Prozent Gewicht abnehmen,
täglich eine halbe Stunde körperlich aktiv sein und den Gehalt an
Fetten (besonders gesättigten tierischen Fetten) in ihrem Essen senken
sowie den Ballaststoffanteil in der Nahrung erhöhen. Nach vier Jahren hatten
11 Prozent der Versuchsteilnehmer Diabetes bekommen – aber 23 Prozent
in einer Vergleichsgruppe, die ihren Lebensstil nicht geändert hatte. Das
entspricht einer Senkung des Risikos um 58 Prozent. Eine solche gewaltige Risikoreduktion
konnte in einer amerikanischen Studie nicht mal mit Medikamenten erreicht werden.
Nach etwas können Diabetes-Gefährdete tun: viel Nüsse essen (fünfmal
pro Woche eine Handvoll oder täglich ein Brot mit Erdnussmus). Einer US-Studie
zufolge senken Nüsse durch ihre günstige Fettzusammensetzung das Diabetes-Risiko
um rund ein Fünftel, denn Fett- und Zuckerstoffwechsel sind eng miteinander
verzahnt.
Mehr Infos: www.diabetikerbund.de,
www.diabetes-webring.de,
www.diabetesstiftung.de,
Faulheit kann ihn fördern:
Schlechter Schlaf
Kummer und Sorgen steigern das Risiko, schlecht zu schlafen, um über 400
Prozent, so eine britische Studie. Dieselbe Untersuchung zeigte: Wer sich kaum
bewegt, schläft doppelt so häufig schlecht, denn Sport senkt den Pegel
der Stresshormone im Blut. Direkt vor dem Schlafengehen sollte man es aber ruhig
angehen lassen. Eine amerikanische Studie belegt nämlich, dass schon ein
fünfminütiger Spaziergang direkt vor dem Hinlegen den Kreislauf so
in Schwung bringt, dass das beim Einschlafen stört. Ebenfalls ein echter
Schlafkiller: Geräusche. Japanische Forscher zeigten, dass schon 40 Dezibel
(weniger als Zimmerlautstärke) den Schlaf beeinträchtigen.
Mehr Infos: www.dgsm.de,
www.dags.de
Gesundes Zahnfleisch schützt vor Herzkrankheiten
Dauerhaft Tabletten nehmen – oder zwei bis drei Kilo abnehmen: Bei Patienten
mit zu hohem Blutdruck (Werte über 140 zu 90) hat beides oft den gleichen
deutlichen Effekt! Schon kleine Veränderungen der Essgewohnheiten können
viel bewirken. Zwei bis vier Portionen Seefisch (Makrele, Hering, Lachs) oder
über 150 Gramm Nüsse pro Woche reichen, um das Infarktrisiko um rund
ein Drittel zu senken. Als verantwortlich dafür gelten die Omega-3-Fettsäuren
in diesen Lebensmitteln. Seit kurzem weiß man auch, dass Vitamin B6 (in
Vollkornprodukten, Fisch, Fleisch und Bananen), Vitamin B12 (in Milchprodukten,
Leber und Fleisch) und Folsäure (in Nüssen, grünem Gemüse,
Tomaten und angereichertem Salz) gut fürs Herz sind, denn sie senken den
Eiweißstoff Homosystein im Blut, der seit kurzem auch als Risikofaktor
gilt. Einer britischen Studie zufolge könnte durch eine konsequente Senkung
erhöhter Homosystein-Spiegel jeder sechste Infarkt und jeder vierte Schlaganfall
verhindert werden. Überraschend: Auch Schokolade und Kakao, die viele Antioxidanzien
enthalten, schützen offenbar das Herz, so eine Langzeitstudie. Wer dreimal
pro Woche eine halbe Tafel bittere Schokolade isst, hat demnach eine höhere
Lebenserwartung als Leute, die gar nicht naschen. Alle, die nach der Schokolade
dann noch ihre Zähne putzen, tun noch mehr fürs Herz. Gründliche
Zahnpflege verhindert Parodontose und Zahnfleischentzündungen und damit
womöglich eine Verschleppung von Keimen in die Herzkranzgefäße.
Immerhin haben neun von zehn Infarktpatienten eine Parodontose, aber nur 30
Prozent der Herzgesunden.
Als Faustregel für Raucher gilt heute: Eine Schachtel pro Tag verdoppelt
das Infarkt- und Schlaganfallrisiko. Doppeltes Risiko tragen übrigens auch
Couch-Potatoes. Eine aktuelle Studie der Medizinischen Hochschule Hannover und
der AOK zeigte, dass ein Kurs mit Walken, Ernährungsgeratung und Yoga Blutdruck
und Blutfette bei den Kursteilnehmern senkte und damit das Infarkt- und Schlaganfallrisiko
um rund ein Viertel reduzierte. Solche Kurse haben mittlerweile viele Krankenkassen
in ihrem Programm.
Mehr Infos: Unter www.chd-taskforce.de
kann man sein individuelles Herzinfarktrisiko für die nächsten zehn
Jahre per Test bestimmen.
Schuldnerberatung gegen Depressionen
Jeder Zehnte, der zum Hausarzt geht, hat Depressionen – eine Krankheit,
die mit einem erhöhten Selbstmordrisiko einhergeht und unter anderem das
Herz schädigt. Frauen trifft es doppelt so häufig wie Männer.
Studien haben gezeigt, dass ein anonymes Leben in der Großstadt für
Depressive riskant sein kann, dort passieren 70 Prozent aller Selbstmorde, obwohl
nur 50 Prozent der Bevölkerung in Großstädten leben. Ein soziales
Netzwerk, in dem man Kontakt und Entlastung findet, ist also offenbar entscheidend.
Wer finanzielle Probleme hat, dessen Risiko, depressiv zu werden, ist siebenfach
erhöht, so eine aktuelle Untersuchung – die Sorge um das Geld war
dabei der wichtigste Stressfaktor überhaupt. Deshalb rechtzeitig zur Schuldnerberatung
gehen, wenn die Schulden einem über den Kopf wachsen. Außerdem wichtig:
viel Bewegung. Besonders Ausdauersportarten wie Laufen reduzieren das Risiko,
depressiv zu werden. Eine niederländische Studie legte außerdem nahe,
dass man in stressreichen Zeiten besonders kohlenhydratreich und proteinarm
(also viel Gemüse und Getreideprodukte, wenig Fleisch) essen sollte, um
den Hirnstoffwechsel günstig zu beeinflussen und so Depressionenvorzubeugen.
Gut ist auch Fisch mit seinen ungesättigten Fettsäuren. Wer weniger
als einmal pro Woche Fisch isst, hat ein um etwa ein Drittel höheres Depressionsrisiko.
Mehr Infos: unter www.kompetenznetz-depression.de
unter anderem ein Selbsttest für Depressionen.
weitere Links: www.innerer-heiler.de und www.gesundheitsforschung.info