Kurzgutachten im Auftrag des Berufsverbandes der Synergetik Therapeutinnen und Therapeuten e.V.
von
Prof. Dr. Harald Herrmann
Universität Erlangen-Nürnberg
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VI. Zusammenfassung
Als Ergebnis der Untersuchung über den Stand der Praxis lässt sich
zunächst zur Heilmethode festhalten, dass erhebliche Unterschiede zur psychotherapeutischen
Fremdheilung bestehen. Einerseits geht es bei der Synergetik-Methode wesentlich
um Selbstheilung statt um Fremdheilung unter Anwendung von wissenschaftlichen
Methoden der Psychotherapie. Andererseits gibt es auch für die Synergetik
nach Joschko eine wissenschaftliche Grundlage, doch besteht diese in der Psychobionik
und der für diese grundlegenden Bionik als Technikwissenschaft. (II.2).
Diese wissenschaftliche Fundierung ist zudem wichtig für die Frage der
Professionalisierung dieser Berufsgruppe, da die höhere geistige Art der
Berufsaufgaben typusbildend für die Freiberuflichkeit ist. Auch weitere
Typusmerkmale der Freiberuflichkeit sind mit Blick auf die Verbandsorganisation
im BVST sowie dadurch erfüllt, dass hier ein Ethikkodex erlassen ist, dem
sich alle Verbandsmitglieder unterwerfen müssen, und der bereits Bestandteil
des Ausbildungsvertrages des bisher einzigen Ausbildungszentrums im BVST ist.
Die Ethikrichtlinien sehen zur Berufsaufgabe die Grundsätze verantwortungsvoller
Leistungserbringung, der ideologischen Neutralität und der Hilfe zur Selbstheilung
vor. Zur Qualitätssicherung werden Fortbildungspflichten, Kollegialitätspflichten
und die uneingeschränkte Hinweispflicht auf ergänzende medizinische
Behandlung geregelt. Auch ein Berufsaufsichtsverfahren ist eingerichtet (II.3).
Die Werbung für die Synergetik-Methode ist nicht schon deshalb lauterkeitswidrig,
weil in ihr ein Verstoß gegen § 1 HeilprG liegt, der nach §
3 UWG stets als unlauter verboten werden müsste. Bei kontroversem Stand
der Rspr. im vorläufigen Rechtsschutz bleiben für die endgültige
Einschätzung die Hauptsacheverfahren in Lüneburg und München
abzuwarten, die evtl. auch eine Klärung zur etwaigen Gefahr bei der Rückführung
aus den Entspannungszuständen bringen können (III.1a/b).
Im Vorhinein ist für
die rechtliche Beurteilung auf die Psychotherapieferne wegen Technikorientierung
der Synergetikmethode abzustellen, die auf den biochemischen und psychobionischen
Reaktionen beruht. Bei einer derart erheblichen Unvergleichbarkeit mit der Psychotherapie
liegt die Annahme von Gesundheitsgefahren, die nur mit ärztlicher Hilfe
oder mit Hilfe staatlich geprüfter Heilpraktiker kontrolliert werden können,
fern (III.2c).
Auch ein Zulassungserfordernis wegen mittelbarer Gesundheitsgefahren ist trotz
der entgegengesetzen Ansicht des BayVGH rechtlich nicht haltbar. Zwar hat die
Behörde eine Einschätzungsprärogative zur Frage, ob der Berufsausübende
hinreichend darauf aufmerksam gemacht hat, dass Arztbesuche oder Behandlungen
bei Psychotherapeuten und Heilpraktikern durch die Synergetikmethode nicht überflüssig
gemacht werden. Doch darf sie nicht aufgrund abstrakter Gefahreinschätzung
urteilen, sondern muss konkrete Gefahren ermitteln, was im Fall des BayVGH ebenso
unterblieben ist wie im Fall Geistheiler, den das BVerfG zu Gunsten des Berufsausübenden
entschieden hat. In künftigen Fällen sollte die Anforderungen nicht
derart überzogen werden, wie es der BayVGH tut, da hierdurch ein systematisches
Verhältnis zum Gesundheitsschutz des Arzthaftungsrechts und des Rechts
der Produkthaftung nicht gewahrt würde (III.2f).
Die dem Verf. vorliegenden Gesprächsmitschnitte sind nicht als unzulässige
Wiedergabe von Krankheitsgeschichten i.S. § 11 Nr. 3 HMWG anzusehen. Zwar
zählen auch erlaubnisfreie Dienstleister zum Kreis unzulässiger Erzähler
(IV.2a), doch geht es im Wesentlichen nicht um berichtend wiedergebende Angaben
dieser Personen, sondern um Gesprächsmitschnitte aus den Sitzungen, die
in der Hauptsache sehr direkte und höchst emotionale Äußerungen
von Klienten enthalten (IV.2b). Nicht Geschichtswidergaben, auch nicht Teile
davon (IV.3a), sondern Dokumentationen von Laienäußerungen werden
wiedergegeben, die keinerlei Identifikationsgefahren für den typischen
Werbeadressaten mit sich bringen, weil dieser die Gesprächssituation bisher
nicht selbst erfahren hat, sich also auch damit nicht identifizieren kann (IV.3a/b).
Auch unzulässige Hinweise i. S. § 11 Nr. 3 HMWG liegen in dieser Hinsicht
nicht vor (IV.4).
Auch die Rahmenmitteilungen sind überwiegend rechtmäßig. Zwar
enthalten sie z. T. Mitteilungen über Krankheits- und Heilungsabläufe,
doch sind sie quantitativ und auch qualitativ von derart untergeordneter Bedeutung,
dass sie nicht zur Anwendung von § 11 Nr. 3 HMWG führen sollten. Größere
Schwierigkeiten bereiten hingegen die Kurzberichte von Synergetik-Profilern,
die ohne Gesprächsmitschnitte publiziert sind und deshalb zweifelsfrei
als Wiedergaben von Krankengeschichten angesehen werden müssen (s. zu IV.
3b.). Abhilfen insofern werden u. a. im Teil 2 untersucht.
Kein Ausweg kann in dieser Hinsicht darin gesehen werden, dass die Gesprächsmitschnitte
und dergl. im Kern für die im Ausbildungsinstitut der des BVST examinierten
Synergetik-Profiler gedacht sind, die als Fachleute keiner Gefahr unsachlicher
Beeinflussung durch Krankeninformationen ausgesetzt sind. Zwar sind die Synergetik-Praxen
als Fachkreise i. S. § 2 HMWG anzusehen, doch ist die derzeitige Form des
Internet-Auftritts nicht hinreichend abgegrenzt von unautorisierten Internet-Surfern
(IV.5).
Es liegt keine unzulässige Behandlungs- oder Verfahrenswerbung i. S. §
12 Abs.2 HMWG vor, da nur solche Methoden vom Werbeverbot erfasst sind, die
die Anwendung heilberuflichen Wissens betreffen. Dabei ist entgegen z. T. vertretener
Ansicht der Lehre darauf zu achten, dass keine Unterschiede zu § 1 HeilprG
entstehen. Andernfalls würde die zum Zulassungsrecht des HeilprG mühsam
beim BVerfG erkämpfte Freistellung vom Zulassungszwang auf der Ebene des
Werberechts wieder verloren gehen (IV.6).
Die Gesprächsmitschnitte enthalten auch keine unzulässige Kundenbeeinflussung
i. S. § 4 Nr. 1 UWG, und zwar weder unter dem Aspekt des psychischen Kaufzwangs
(V.2) noch unter dem des übertriebenen Anlockens (V.3).
Soweit werbliche Vergleiche
mit der Schulmedizin erfolgen, sind diese – trotz z. T. festzustellender
erheblicher Aggressivität – nicht lauterkeitswidrig (V.4).
Die Internet-Verlinkung der Synergetik-Praxen auf die Web-Pages des BVST ist
zwar nach neustem Recht nicht mehr durch disclaimer exculpiert. Doch führen
nach zutreffender, wenngleich umstrittener Ansicht die Grundsätze des unvermeidbaren
Verbotsirrtums zur Entlastung (V.5).